Weil sie eine rechtsextreme Kundgebung mit Anspielungen auf das Verbot des Magazins „Compact“ zugelassen hat, steht die Stadtverwaltung Gera in der Kritik. Nun erklärt sie sich.
Die Stadt Gera hat die Genehmigung einer Kundgebung des rechtsextremen Spektrums mit Bezügen zum verbotenen Magazin „Compact“ mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit begründet. Dieses gelte „genauso für andersdenkende Minderheiten wie für Menschen, die sich für Ziele einsetzen, die von einem Großteil der Bevölkerung geteilt werden“, teilte die Stadt auf Anfrage mit. „Das Grundrecht ist nicht an eine Gesinnung oder ein vermeintlich extremistisches Verhalten gebunden.“ Auch das Thüringer Innenministerium hatte zuvor erklärt, die Kundgebung habe unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit gestanden.
Am Samstag hatten sich nach Polizeiangaben etwa 320 Teilnehmer zu einer Kundgebung in Gera getroffen, die unter dem Motto „Wir für Frieden und Freiheit“ angemeldet und von der Ostthüringer Stadt genehmigt war. Es gab bei dem Treffen Anspielungen auf das „Compact“-Verbot. Auf Videos in sozialen Netzwerken ist ein Auftritt des Herausgebers des seit Mitte Juli verbotenen Monatsmagazins, Jürgen Elsässer, und des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner in Gera zu sehen. Anmelder der Kundgebung war ein bekannter Rechtsextremist.
Ersatz für verbotene Veranstaltung
Die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss sieht in der Versammlung eine „Ersatzveranstaltung“ für eine verbotene Veranstaltung in Sachsen-Anhalt. Sie sprach von einem „katastrophalen Versagen der zuständigen Behörden“. Im Nachbarbundesland war eine Ersatzveranstaltung für ein ursprünglich geplantes Sommerfest des Magazins untersagt worden. Die Polizei hatte das Verbot am Samstag im Burgenlandkreis, dem Rittergut des früheren AfD-Landeschefs André Poggenburg durchgesetzt.
Die Anmeldung für Gera ging laut Stadtverwaltung am vergangenen Mittwoch zunächst mündlich ein. An diesem Tag hatten die zuständige Polizeiinspektion Halle und das Innenministerium in Magdeburg bestätigt, dass eine Verbotsverfügung für die Veranstaltung in Sachsen-Anhalt übergeben worden sei. Diese war vom Verwaltungsgericht Halle am Freitag bestätigt worden. Die konkrete Anmeldung der Kundgebung in Gera mit allen erforderlichen Daten folgte laut Stadt am vergangenen Donnerstag.
Stadt: Zunächst keine Gefahr für öffentliche Sicherheit erkennbar
Die Stadt erklärte, ein Versammlungsverbot oder bestimmte Auflagen seien nur möglich, „wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.“ Vermutungen oder Spekulationen reichten dafür nicht aus, nötig seien konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte. Von der ursprünglich angemeldeten Versammlung seien keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ableitbar gewesen.
Diese Einschätzung habe sich seit Freitagnacht geändert, unmittelbar vor der Versammlung habe eine andere Bewertung erfolgen müssen, so die Stadt weiter. „Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit konnten dadurch zwar nicht eingeschränkt werden.“ Allerdings seien Bestandteile, „die augenscheinlich für das untersagte Sommerfest geplant“, für die Versammlung in Gera aber nicht erforderlich waren, untersagt worden. Das betraf den Verkauf von Getränken und Speisen sowie Textilien und Druckerzeugnissen. Die sei mit Unterstützung der Polizei zwangsweise durchgesetzt worden.