Greta Gerwig ist in diesem Jahr Jurypräsidentin der Filmfestspiele von Cannes. Für Schauspielerin Iris Berben „ein großartiges Highlight.“
Mit Greta Gerwig (40) führt in diesem Jahr die kommerziell erfolgreichste Filmemacherin der Welt die Jury der Filmfestspiele von Cannes an. Für Schauspielerin Iris Berben (73) „ein großartiges Highlight. Der Weg, den diese Frau einschlug und die Position, in welcher sie sich nun befindet, ist stark beeindruckend“, schwärmt die 73-Jährige im Interview.
Berben, die auf dem roten Teppich mit blauen Strähnen im Haar überrascht, engagiert sich seit vielen Jahren für die Gleichberechtigung in der Filmbranche. Auch in diesem Jahr unterstützt die Schauspielerin wieder den „Lights on Women Worth Award“ in Cannes zur Förderung aufstrebender Filmemacherinnen. Die Initiative von L’Oréal Paris wurde 2021 ins Leben gerufen und findet dieses Jahr bereits zum vierten Mal statt.
Was macht den „Lights on Women Worth Award“ so besonders?
Iris Berben: Er fördert junge, talentierte Kurzfilmregisseurinnen und setzt damit ein bedeutendes Zeichen – ein Zeichen gegen die existierende Geschlechterungleichheit innerhalb der Filmbranche. Solange das Verhältnis der Geschlechter nicht das Gleichgewicht gefunden hat, welches wir uns als Frauen und aber auch als Gesellschaft wünschen, so tragen Initiativen wie dieser Award große Bedeutsamkeit. Sie schaffen Aufmerksamkeit und ermutigen zu einem gemeinsamen Austausch. Wir müssen den Finger immer wieder in die Wunde legen und laut sein, um Veränderung zu erwirken. Der Award kennzeichnet sich als Moment der Stärke, in welchem Frauen zusammenkommen und gemeinsam in die Zukunft blicken. Denn die Ungleichheit der Filmbranche zeichnet sich auf verschiedensten Ebenen ab: von der Rollenbesetzung, über die Regiearbeit bis hin zur Vergabe der Fördergelder.
Mit Greta Gerwig führt in diesem Jahr die kommerziell erfolgreichste Regisseurin der Welt die Jury in Cannes an – gefallen Ihnen Ihre Filme?
Berben: Natürlich – ist diese Frau nicht einfach wunderbar? Unabhängig davon, dass mir ihre Filme wie „Little Women“ und „Lady Bird“ außerordentlich gut gefielen – im Übrigen beides Werke, bei denen sie sowohl das Drehbuch schrieb, als auch Regie führte – hat Greta Gerwig mich schon immer als Schauspielerin begeistert. In „Mistress America“ brillierte sie. Der Weg, den diese Frau einschlug und die Position, in welcher sie sich nun befindet, ist stark beeindruckend. So verkörpert und vereint sie drei hervorragende Talente in ihrer Person – Regie, Schauspiel und Drehbuchautorenschaft.
Konnten Sie den letztjährigen Hype um Gerwigs Mega-Hit „Barbie“ verstehen?
Berben: Aber ja – welch grandiose Idee dieser Film widerspiegelt. Der Film schafft es auf beeindruckende Art und Weise, Feminismus mit Satire zu kombinieren und die Zuschauenden zur Auseinandersetzung mit der wichtigen Thematik zu bewegen, ohne in eine zu starke Ernsthaftigkeit zu verfallen. Mit der personifizierten, anti-feministischen Barbie zwingt der Film zur Diskussion – im besten Sinne. Der Film zeugt von einer Komplexität, welche nicht auf den ersten Blick offenbart wird. So erfordern der Film sowie dessen Handlungsstränge gezielte Aufmerksamkeit: Es werden Fragen aufgeworfen, Verhaltensweisen und Dinge gezeigt, über die man als Zuschauende stolpert und welche Spielraum für Interpretation lassen. Mit ihrer Arbeit ist Greta Gerwig wirklich ein kluger Schachzug gelungen, welcher mich und viele andere Frauen begeistert und inspiriert.
Haben Sie Gerwig bereits persönlich getroffen?
Berben: Leider nicht, nein. Gerne würde ich jedoch den Austausch mit einer solch fantastischen, klugen Frau suchen, welche eine Generation des Kampfes von Frauen um Sichtbarkeit und Gleichbehandlung verkörpert. Ich selbst bin ein paar Jahrzehnte älter als sie und erkenne dennoch Schnittstellen innerhalb unserer Visionen. Denn auch ich erinnere mich an die Zeit der 60er Jahre zurück, wo wir um die Wahrnehmung der Frau in vereinter Kraft kämpften. Allerdings wird das Treffen zunächst ausschließlich ein hübscher Gedanke bleiben, ich selbst bin nur kurz in Cannes vor Ort. Umso mehr freue ich mich, zu ihr als Jury der Filmfestspiele aufblicken zu dürfen.
Im Vergleich zu 2023 ist die Zahl der am Wettbewerb teilnehmenden Regisseurinnen von sieben auf vier gesunken, empfinden Sie das als einen Rückschritt?
Berben: Solange das Thema und die Jahresvergleiche von Diskussionsbedarf geprägt sind und keiner Gleichberechtigung entgegengeblickt werden kann, ist und bleibt diese Zahl ein Rückschritt. Erst, wenn wir eine Selbstverständlichkeit der Vielfalt erleben – eine Realität, in der Männer wie auch Frauen im selben Verhältnis die Gesichter der Regieführung bilden – sind wir einen Schritt weiter. Ich bin überzeugt davon, dass auch Arbeiten von weiteren Regisseurinnen zur Disposition gestanden hätten, die dieses Jahr den Weg nach Cannes hätten finden müssen. Unser Ziel muss es gemeinschaftlich sein, eine Auswahl aus den besten Filmen treffen zu können, dessen Grundlage ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bildet.
Sie sind seit vielen Jahren ein echter Stammgast in Cannes. Wir sehr genießen Sie den roten Teppich an der Croisette?
Berben: Cannes lebt von Glamour und Zeichensetzung. Das Bedürfnis, sich zu zeigen und gesehen zu werden, ist nahezu allgegenwärtig und wird rundum zelebriert. Die Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit, welche unsere Branche hierbei zugesprochen bekommt, bietet dabei große Chancen: Den Raum, gekonnt Statements zu setzen und nach außen tragen zu können. So habe ich die Ehre, gemeinsam mit weiteren starken Frauen der L’Oréal-Paris-Familie, wie zum Beispiel Helen Mirren, den roten Teppich zu beschreiten und dabei den Zusammenhalt und die Kraft der Frauen in die Welt zu tragen. Manchmal gelingt mir dies ebenso durch kleinere Zeichen entlang meines Kleides, welche ich bewusst setze. Genau diese Vielfalt an Möglichkeiten, Statements und Visionen zu verkörpern und sichtbar werden zu lassen, machen Cannes für mich etwas ganz Besonderes.
Wie lange brauchen Sie, um für den großen Auftritt perfekt gestylt zu sein?
Berben: Ich kann stolz zu einem Team aufblicken, welches sich rundum um mich bemüht und kümmert. Innerhalb von zwei bis drei Stunden bekomme ich einen Look gezaubert, mit dem ich selbstsicher den roten Teppich beschreiten kann. Darauf kann ich mich blind verlassen, das weiß ich.
Achten Sie auch privat auf Ihr Styling oder gehen Sie auch mal ungeschminkt aus dem Haus?
Berben: Privat schminke ich mich zwar deutlich weniger, beschäftige mich jedoch durchaus mit meinem Aussehen, wenn ich das Haus verlasse. Dies hat bei mir mit einer Art Schutzmechanismus zu tun – bei welchem mich Make-up wie ein kleines Schutzschild durch den Alltag begleitet. Hierbei spreche ich nicht von der Form des Make-ups, das ich bei Auftritten und großen Momenten wie Cannes genieße, sondern von gezielten Akzentuierungen und Konturierungen des Gesichtes.
Auf welche Beauty-Routinen schwören Sie?
Berben: Mein Motto: cremen, cremen, cremen. Dies ist ein ganz zentraler Bestandteil meiner Beauty-Routine, den ich selbst kaum mehr wahrnehme. Insbesondere Cremes mit Lichtschutzfaktor gehören hierbei in meinen Alltag, um meine Haut der Liebe zur Sonne nicht ungeschützt auszusetzen. Ich bin überzeugt davon, dass der Umgang mit einem selbst das eigene Selbstwertgefühl sowie das eigene Wohlbefinden positiv beeinflussen kann – und hierbei trägt Pflege sicherlich einen ganz bedeutsamen Teil zu bei.