Gesundheit: Wer etwas auf sich hält, hat jetzt als Status-Symbol immer seine Trinkflasche dabei

Der „neue“ Hype heißt: Wassertrinken. Auch wegen Stanley Cups – modische Riesenbecher, die Trendbewusste jetzt vor sich hertragen. Damit möchten sie zeigen, wie gesund sie leben, wirken aber eher wie Riesen-Babys mit XXL-Nuckelflasche.

In der Welt jener, die ewig jung und schön bleiben wollen, gibt es einen Trend, der immer größer wird: eine Trinkflasche. Vom Aussehen erinnert sie an die Bettflasche, die Männern im Krankenhaus zum Urinieren gereicht wird. Aber das Ungetüm ist nicht zum Erleichtern für unterwegs gedacht, sondern um daraus zu trinken. 

Viel Wasser zu sich zu nehmen ist mittlerweile ein Statussymbol. Das Problem dabei: Statussymbole existieren, um gesehen zu werden. Wassertrinken aber ist etwas, das oft nebenbei und unbeobachtet geschieht. Es gibt also nur eine Möglichkeit, der Öffentlichkeit zu präsentieren, wie perfekt hydriert der Körper ist: Indem man seine Flasche gut sichtbar mit sich herumträgt und ab und zu daran herumnuckelt wie ein Riesen-Baby.

Stars machen es vor. Die Schauspielerin Fantasia Barrino hatte ihre Flasche der Marke Stanley sogar auf dem roten Teppich in Los Angeles dabei. Die Stanley Cups sind die begehrtesten unter den Flaschen-Kreationen. Denn viele Promis und Influencer tragen demonstrativ den Riesenbecher mit Haltegriff. Grund genug für manche US-Amerikaner, für die schnell ausverkauften Edelstahl-Monster so aufgeregt vor Supermärkten zu campen, als würde sie Taylor Swift persönlich übers Kassenband rollen.

Wasser als Allheilmittel – das kommt Stanley zugute

Schon seit 1913 entwirft Stanley Trinkflaschen, aber erst jetzt erleben sie ihren Hype. Ein Grund ist ein Video, das sich 2023 auf Tiktok verbreitete. Darauf zu sehen war die US-Amerikanerin Danielle Faudree nach einem Verkehrsunfall. Ihr Auto war komplett ausgebrannt, nur eine Sache war intakt geblieben: der Stanley-Cup. Einen besseren Werbe-Clip hätte sich die Marke nicht ausdenken können. Ist denen wohl auch aufgefallen, denn sie spendierten Faudree ein neues Auto – samt Stanley-Cup versteht sich.

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Der Jugendwahn kommt Stanley zusätzlich zugute. Attraktive Promis wiederholen es mantraartig: Ihr Geheimnis, so sagen es zumindest viele von ihnen, sei es vor allem, viel Wasser zu trinken. Eine vielleicht nicht authentische, aber sehr schlaue Antwort, die ihre Natürlichkeit und Bodenständigkeit zeigen soll. Nicht etwa Botox, Hyaluronsäure oder einfach gute Gene seien der Grund für die wie glatt gebügelte Haut mit Mitte 50, nein. Sondern: Wasser. Und Wasser, das ist kein luxuriöses Gut, das kann sich jeder leisten. Gleichzeitig vermitteln sie zwischen den Zeilen die Botschaft: Du hast es selbst in der Hand. Auch du kannst so jung und schön aussehen wie wir. Alles, was du dafür tun musst, ist Wasser zu trinken. 

Wasser als Verheißung

Wasser wird zu einer Verheißung, zu einem Synonym fürs Jungsein. Wasser macht schön. Wasser hält die Haut prall und straff. Wasser verlängert das Leben. Denn jemand, der eine große Wasserflasche mit sich herumträgt, der achtet auf sich. Der ernährt sich gesund, macht bestimmt unterwegs auch spontan den herabschauenden Hund an der Bushaltestelle oder Bauch-Beine-Po auf der Parkbank. 

Dass sich, vor allem in den USA, oft gar nicht bloß Wasser in den Stanley-Cups befindet, ist eine Nebensächlichkeit. Die Flaschen sind zum Glück nicht durchsichtig, sodass es gar nicht auffällt, wenn das Wasser durch dazu geschüttetes Brausepulver ein Barbie-Pink oder Waldmeistergrün angenommen hat. Was zählt, ist der Look.

Und mit riesiger Wasserflasche in der Hand wirkt man gleich so, als sei man gerade aus dem Gym gehüpft. Wer sich viel bewegt, der muss auch viel trinken. Was die weitere Absurdität des Stanley Cups zeigt. Denn diejenigen, die ihn öffentlich mit sich herumtragen, sind nicht etwa die Bauarbeiter, Landwirtinnen oder Dachdecker, die sich fast ausschließlich draußen aufhalten und bei der Arbeit viel schwitzen – also auch mehr trinken müssen. Es sind die Büro-Angestellten, die Studentinnen, die 15-Minuten-Mops-Ausführer.

Das Accessoire ist deshalb ein Statussymbol schlechthin: etwas, mit dem sich die Träger brüsten wollen, das sie aber eigentlich nicht brauchen. Was für Flaschen.