Die für ihren Roman „Kairos“ kürzlich mit dem International Booker Prize ausgezeichnete Autorin Jenny Erpenbeck sieht Gemeinsamkeiten im Lebensgefühl mit ihrem Übersetzer Michael Hofmann. „Wir teilen diese Kapitalismuskritik“, sagte Erpenbeck im Interview der „Berliner Zeitung“ (Samstag). „Dass es im Leben auch um etwas anderes als um Geld und Gewinnmaximierung gehen sollte und man darüber nachdenkt, wie man aus diesem Konsumdenken rauskommt.“
Hofmann nannte dies der Zeitung gegenüber „so ein ostdeutsches Gefühl“, in das er auch durch Erpenbeck zurückgefallen sei. Er habe 60 Jahre in England gelebt, seine Vorfahren stammten jedoch aus Sachsen. Er habe beim Lesen von „Kairos“ eine „gewisse Vertrautheit gespürt und so ein Heimatgefühl“.
Die 57-jährige Erpenbeck hatte am Dienstag als erste Deutsche den International Booker Prize gewonnen – einen der prestigeträchtigsten Literaturpreise in Großbritannien. Die aus Ostberlin stammende Schriftstellerin erhielt den diesjährigen Preis für die englische Übersetzung von „Kairos“ gemeinsam mit Übersetzer Michael Hofmann.
Im Roman „Kairos“ geht es um die Liebesbeziehung zwischen einer jungen Studentin und einem sehr viel älteren, verheirateten Schriftsteller in den letzten Jahren der DDR in Ostberlin. Das von der gemeinsamen Liebe zu Musik und Kunst beflügelte Verhältnis der beiden geht jedoch in die Brüche, so wie auch der Staat um sie herum im Zerfall begriffen ist. Im April 2023 hatte das Staatstheater Cottbus die Prosa auf die Bühne gebracht.
Interview Berliner Zeitung