Gerichtliche Asylverfahren können sich in Hessen Jahre hinziehen, mit allen Ungewissheiten für Flüchtlinge. Bei einem Gericht mit besonders hoher Belastung soll es nun eine neue Beschleunigung geben.
Das Verwaltungsgericht Darmstadt bekommt Hessens erste Asylkammer. Sie soll sich mit drei Richterstellen ausschließlich um Asylverfahren kümmern. „In den vergangenen Jahren haben wir wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Verfahrensdauer bei Asylverfahren zu verkürzen. Mit der ersten Asylkammer in Hessen am Verwaltungsgericht Darmstadt legen wir eine weitere Schippe drauf“, teilte der hessische Justizminister Christian Heinz der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden mit.
„Damit reagieren wir auf die vergleichsweise hohe Anzahl an Altverfahren an diesem Gericht und erhoffen uns natürlich auch, dass sich diese Maßnahme auf die Verfahrensdauer landesweit positiv auswirkt“, ergänzte der Christdemokrat. Die Asylkammer in Darmstadt soll am kommenden Donnerstag (1. August) ihre Arbeit aufnehmen.
Mehrjährige Verfahren
Asylgerichtliche Hauptverfahren dauerten im 1. Quartal 2024 laut dem Justizministerium in Hessen durchschnittlich 29,2 Monate. Am Verwaltungsgericht Darmstadt waren es währenddessen sogar 53,8 Monate, also fast fünfeinhalb Jahre, mit den entsprechenden Ungewissheiten für die Asylbewerber.
Im Vergleich zu den anderen vier hessischen Verwaltungsgerichten in Kassel, Gießen, Frankfurt und Wiesbaden erledigte es dabei dem Ministerium zufolge einen besonders hohen Anteil von Altverfahren und muss hiervon immer noch die größten Bestände abarbeiten: „Das wird kurzfristig auch weiterhin dafür sorgen, dass die Verfahrensdauer ansteigen wird. Erst wenn mehr jüngere als ältere Verfahren erledigt werden, führt dies statistisch zu einer kürzeren Verfahrensdauer.“ Minister Heinz erklärte: „Aus den Erfahrungen in anderen Ländern wissen wir, dass die Asylkammern gerade beim Abbau der Altbestände auf lange Sicht recht effektiv sind.“
Vorbild Rheinland-Pfalz?
Auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Landtagsopposition hatte das Justizministerium kürzlich erläutert, Asylfälle machten derzeit etwa die Hälfte aller Verwaltungsstreitverfahren aus. Alle gerichtlichen Asylverfahren in Hessen bei einem Verwaltungsgericht zu konzentrieren, erscheine bei einer Gesamtabwägung nicht sinnvoll. Die FDP-Fraktion äußerte Unverständnis und verwies auf Rheinland-Pfalz mit seiner zentralen Bearbeitung aller asylgerichtlichen Verfahren am Verwaltungsgericht Trier. Das Nachbarland steht laut FDP beim Bearbeitungstempo bundesweit an der Spitze, während Hessen weit abgeschlagen sei.
Laut dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz dauerten erstinstanzliche Asylklageverfahren in diesem Bundesland 2023 durchschnittlich nur 3,9 Monate – nach 4,8 Monaten im Jahr 2022. Die landesweite Zentralisierung am Verwaltungsgericht Trier habe sich bewährt. Generell sind in Deutschland die Unterschiede bei der Dauer von gerichtlichen Asylverfahren in verschiedenen Bundesländern teils gewaltig.
Teils schon Zentralisierung in Gießen
Das Wiesbadener Justizministerium verwies allerdings auch darauf, dass Hessen mittlerweile zumindest gerichtliche Asylverfahren, „die sogenannte sichere Herkunftsstaaten betreffen und bei denen die Rückführungsaussichten besonders gut sind, beim Verwaltungsgericht Gießen konzentriert“. Dieses habe eine zentrale Lage im Bundesland, zudem befinde sich das hessische Erstaufnahmelage für Asylsuchende in Gießen.