Die Kritik an der Bezahlkarte für Asylbewerber ist wieder lauter geworden. Berlins CDU-Fraktionschef lässt sich davon nicht beeindrucken. Er ist auf jeden Fall für die Einführung.
Berlins CDU-Fraktionschef Dirk Stettner will an der Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber festhalten. Weder die zunehmende Kritik daran noch ein Urteil des Hamburger Sozialgerichts ist aus seiner Sicht ein Hindernisgrund. „Wir werden die Bezahlkarte einführen in Berlin – und wir werden sie mit 50 Euro Bargeldobergrenze einführen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Für uns ist ganz klar, die Bezahlkarte ist sinnvoll.“
Das Sozialgericht Hamburg hatte am Mittwoch entschieden, dass starre Bargeldobergrenzen auf der Bezahlkarte nicht geeignet seien, um den Mehrbedarf beispielsweise von Schwangeren oder Familien mit Kleinkindern zu decken. Die für die Karte zuständige Sozialbehörde müsse die persönlichen Lebensumstände der Antragstellenden berücksichtigen.
„Wenn es möglich ist, dann sage ich: machen“
„Ich kenne den Urteilstext nicht und es liegt auch nicht bei mir, das juristisch zu beurteilen. Das würde ich mir gar nicht zutrauen, ich bin kein Jurist“, sagte der CDU-Politiker. „Aber ich persönlich bin nicht der Meinung, dass das exekutive Handeln von 16 Bundesländern und des Bundes an dem erstinstanzlichen Urteil eines Sozialgerichts hängt.“ Es sei ein vorinstanzliches Urteil, sagte Stettner. „Es bleibt abzuwarten, was hier die Überprüfung ergibt.“
„Das sollte uns nicht daran hindern zu handeln. Aber selbstverständlich müssen Juristen beurteilen, ob die Vergabe auf dieser Basis durchgeführt werden kann. Jedenfalls, wenn es möglich ist, dann sage ich: machen.“
Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte sich im Juni für die Einführung der Bezahlkarte mit einer Obergrenze von 50 Euro pro Erwachsenem ausgesprochen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte dabei zugestimmt. Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hat eine solche Obergrenze allerdings mehrfach öffentlich abgelehnt.
„Das halte ich für ziemlichen Kindergarten“
Stettner sagte, bei dem Thema sei sich der Senat weitgehend einig – bis auf nur ein Mitglied: „Es gibt eine einzige Meinung, nach der die Beschlüsse von 16 Bundesländern und dem Deutschen Bundestag gegen die Grundrechte verstoßen. Das halte ich für ziemlichen Kindergarten – und dem werden wir nicht folgen“, so der CDU-Fraktionschef zu Kiziltepes Position.
„Wir möchten, dass die Leistungen, die die Flüchtlinge bekommen, für die Flüchtlinge, die hier sind, verwendet werden. Wir möchten nicht, dass deutsches Geld, das für die soziale Versorgung der Flüchtlinge in Deutschland gedacht ist, ins Ausland geschickt wird“, ergänzte er. „Und wir versuchen, eine Verfahrenserleichterung für die Verwaltung zu erreichen. Das sind die beiden Hauptpunkte. Das erreichen wir über eine Bezahlkarte.“
„Die SPD befindet sich in einem Orientierungsprozess“
Auch Kritik der SPD-Abgeordneten Jan Lehmann und Orkan Özdemir an der Bezahlkarte lässt Stettner nicht gelten: „Wenn zwei Abgeordnete der SPD-Fraktion im Sommerloch das besser wissen als alle anderen, dann haben die offenbar irgendwelche Erkenntnisse, die ich nicht teile“, sagte er. Lehmann hatte die Bezahlkarte als sinnlose Symbolpolitik bezeichnet, Özdemir die Frage gestellt, ob sie mit Blick auf die Kosten-Leistungs-Bewertung überhaupt Sinn mache.
Stettner entgegnete, es gehe darum, das Beste für das Land Berlin zu tun. „Und es gibt eben manche Fragen, die sind zu wichtig, um auf jede Einzelstimme innerhalb der SPD Rücksicht zu nehmen.“ Die SPD befinde sich in einem Orientierungsprozess. „Den braucht jede Partei mal. Da müssen wir auch ein Stückchen weit Rücksicht drauf nehmen. Das tun wir auch, aber nicht in Fragen, die eine solche große Bedeutung für das Land haben“, betonte Stettner. „Das Thema Migration, Integration und die Belastbarkeit unserer Stadt haben eine Brisanz erreicht, dass ich darauf keine Rücksicht nehme.“