Studie: Die Zeit von Arthur: Nach den Römern versank Britannien in der Dunkelheit

Tafelrunde, blinkenden Rüstungen und der Kampf gegen Invasoren, so malte sich das 19. Jahrhundert die Zeit von Arthur aus. Die Wirklichkeit war arm und ohne Glanz. Nach den Römern herrschten Armut und der Kampf um das Überleben.

Die Arthursage zeigt ein romantisches Bild von der Epoche, in der die Römer Britannien verlassen hatten. Weise Druiden berieten den König, die edlen Ritter der Tafelrunde schützten das Land, und in der Burg Camelot regierte der König selbst. Doch weder gab es damals Ritter, noch konnten die Briten große Bauten aus Steinen errichten, und die bewaffneten Scharen schützen die Bauern nicht, sie pressten sie aus.WISSEN Zombie

Die zweihundert Jahre nach dem Abzug der Legionen sind für den Historiker schwer zu fassen. Die Römer schrieben alles auf, auch wenn erstaunlich wenig erhalten blieb. Die Aufzeichnungen endeten abrupt mit dem Rückzug Roms. Von der Zeit danach künden nur einzelne Siedlungen, die typischen Scherbenschichten nach dem Ende der römischen Herrschaft und vereinzelte Bodenfunde.

Die Lücken des Wissens

Der Archäologe Max Adam macht sich dennoch daran, die Geschichte der ersten Königreiche zu rekonstruieren. „Die Fragmente, die uns geblieben sind, um sie gegen das Licht zu halten, sind winzig“, räumt Adams ein. „Wie die ersten christlichen Reiche entstanden sind, lässt sich nicht nachprüfen.“ Max Adams ist bereit, die Lücken mit Vorstellungskraft zu füllen, hält sich aber auch zurück, und driftet nicht ins Romanhafte ab. „Die größte Herausforderung der Archäologie“, beschreibt er den Spagat, „ist die der Vorstellungskraft.“ Archäologen können nie wirklich „den leeren Raum und die leere Zeit in den Griff bekommen: die unbekannten Monate, Wochen, Jahre oder Jahrhunderte, die zwischen dem letzten peniblen Schrubben eines Mosaikbodens und dem grasbewachsenen Feld, das ihn nun bedeckt, fehlen“EL Cid Serie – 13.20 Uhr

Der sagenhafte Arthur lässt sich erwartungsgemäß nicht belegen. Was bleibt, ist nur, dass es eine Zeit der Krieger war. „Das Einzige, was man sagen kann“, schreibt Adams, „ist, dass, wenn es keinen Arthur gab, es wahrscheinlich Arthurs gab. Berittene Krieger, die zum Schutz von Städten und Handel eingesetzt wurden.“ Viel wissen wir nicht von den zweihundert Jahren zwischen dem Abzug der Römer und der Ankunft der christlichen Missionare am Ende des 6. Jahrhunderts. Die Spuren zeugen nur von Rückgang und Verfall einstiger Größe. Die Bevölkerung nahm ab, ebenso die Lebenserwartung und die Geburtenrate.

100 Jahre nach Abzug der Römer sind die Städte verwaist. Sie waren die Zentren der römischen Verwaltung und Ökonomie. Das zweite Standbein sind die großen Villen. Eine „Villa“ war nicht in erster Linie ein luxuriöser Wohnsitz, sondern eine Produktionseinheit – ein industrieller Gutshof. Angelegt auf eine weltweite Ökonomie zerfielen auch sie. Die Reste von Häusern und Forts wurden zu Viehställen – denn das Vieh war kostbar. In der Zeit Arthurs wurde nicht um Schätze oder gar den Heiligen Gral gekämpft. Die Konflikte waren klein und schmutzig. Man raubte Vieh und Getreide oder versuchte das Eigene, vor Räubern zu schützen. Die Macht war geschrumpft, sie hatte sich auf die Ebene eines Kastells, eines Städtchens oder eines Gutshofes verlagert.

Das Leben wird zum Überleben

Das Leben wurde von den praktischen Zwängen des Überlebens beherrscht. Die Rollen der Menschen wurden von den Notwendigkeiten des landwirtschaftlichen Jahres und die sich ständig drehenden Zyklen von Geburt und Tod bestimmt. Alles was „Mehr“ war und nicht nur dem bloßen Überleben diente, verschwand. Es ist ein Leben ohne höhere Kultur und unnützen Tand. „Sie stellten Töpferwaren her, sponnen Garn und webten Textilien, fertigten Stecknadeln und Nadeln aus Knochen, stellten Eimer zum Transport von Wasser und Milch her und schmiedeten ihre eigenen Werkzeuge. Sie kämmten ihren Kindern die Läuse aus dem Haar, zupften ihre Augenbrauen und trimmten ihre Schnurrbärte.“

Und dennoch entstand damals das angelsächsische Britannien. Doch Adams weist die Idee zurück, die Invasion einer fremden Elite hätte die Lücken gefüllt, die die Römer hinterlassen hatten. Daraus speiste sich der späte Arthurmythos und die viktorianische Denkweise, die versessen darauf war, eine Vorform dessen zu erfinden, was sie selbst als britische Nation empfand. Dabei betonten die Briten des 19. Jahrhunderts die Ethnizität und den Glauben, denn damit rechtfertigten sie ihr eigenes brutales Kolonialregime. Mit den wirren Verhältnissen der dunklen Jahrhunderte hatte das nichts zu tun. „Die Menschen gehörten zu dem Land, in dem sie geboren wurden“, schreibt Adams. „Sie gehörten zu ihrem Haushalt; zu ihrem Herrn. Zu einer breiten Gruppe, die eine gemeinsame Verwandtschaft anerkannte; zu einem Stamm und vielleicht zu einer Ideologie, die sich in unterschiedlichen Bestattungspraktiken widerspiegelte.“

Die Entstehung des angelsächsischen Britanniens

Die Konflikte des 5. und 6. Jahrhundert stammen nicht aus dem Kampf Volk gegen Volk, laut Adams fand eine Art von Kulturkrieg satt. Auf der östlichen Seite von Britannia lehnten die Herrscherschichten das Erbe Roms ab und fühlten sich als Nachkommen der Ureinwohner, die lange gegen die Römer gekämpft hatten. In der westlichen Hälfte knüpften die Eliten an den römischen Hinterlassenschaften an. Beide Gruppen führte unablässig Kriege gegeneinander, doch beide waren Briten.

Die Könige der frühen Reiche darf man sich nicht allzu prächtig vorstellen. Adams argumentiert pragmatisch: Alles was ein müßiger König und sein Hof verbrauchten, musste anderen abgepresst werden. Angesichts der geringen Produktivität der Landwirtschaft, konnte sich kein prächtiges Camelot entfalten. „Genau genommen waren die königlichen Haushalte und die dazugehörigen Kriegstruppen gierig nach Kalorien. Je größer die Truppe war, desto mehr Brot, Ale, Fleisch, Honig, Brennstoff, Holz, Waffen und Zierrat verbrauchten sie.“

Die realen Könige haben wenig gemein mit mythischen Gegenstücken, die in den romantischen Geschichten von Arthur, Guinevere und Parzival eingewoben sind. Das erste Königreich macht sich gar nicht die Mühe die romantischen Versatzstücke zu demontieren. Es führt durch eine karge Welt, die uns nur wenig hinterlassen hat.

Quelle: The First KingdomBBC Podcast