Über 90 Minuten voll konzentriert: Horst Hrubesch kann mit seinen DFB-Frauen zum Olympia-Auftakt mehr als zufrieden sein. Aber jetzt geht es gegen die USA.
Horst Hrubesch klatschte seine Spielerinnen locker und entspannt ab und nahm die Glückwünsche mit einem Lächeln entgegen. Souverän und selbstbewusst sind die Fußballerinnen des scheidenden Bundestrainers ins olympische Turnier gestartet und haben ihre Medaillenambitionen unterstrichen. Auch ohne Lena Oberdorf spielten die DFB-Frauen gegen Australien einen 3:0 (1:0)-Sieg in Marseille heraus.
Vor nur wenigen Tausend Zuschauern im Stade Vélodrome erzielten Abwehrchefin Marina Hegering (24. Minute) und Lea Schüller (64.) jeweils per Kopf sowie Jule Brand (68.) die Tore gegen die Matildas. „Man hat gesehen, was wir für eine Qualität haben“, sagte Hrubesch bei Eurosport. „Wir hätten schon früher ein, zwei Tore machen müssen, dann wäre es auch leichter geworden. Am Ende haben wir hochverdient gewonnen.“
Besonders freuen über den Erfolg einen Tag vor der Eröffnungsfeier in Paris durfte sich Ann-Katrin Berger als neue Nummer 1 im deutschen Tor. Acht Jahre nach dem Gold-Triumph von Rio de Janeiro sorgte die deutsche Auswahl jedenfalls für eine starke Rückkehr auf die Olympia-Bühne.
„Wir waren von der ersten Minute an da“, sagte Brand im ZDF. Nachdem erste Torchancen nicht genutzt wurden, sei man etwas nervös geworden. „Zum Glück haben wir dann durch einen Standard ein Tor gemacht, was uns sehr geholfen hat, Ruhe ins Spiel zu bringen“, befand sie.
Bereits am Sonntag geht es gegen Rekord-Weltmeister USA ebenfalls in der südfranzösischen Hafenstadt weiter. Drei Tage später ist Sambia der Gegner in Saint-Étienne. Da nicht nur die Gruppenersten und -zweiten ins Viertelfinale einziehen, sondern auch die beiden besten Dritten aus drei Gruppen, könnte der Erfolg gegen Australien schon die halbe Miete fürs Weiterkommen sein.
Oberdorfs Trikot mit der 6 mit auf dem Teamfoto
Unmittelbar vor dem Anpfiff hielt Stürmerin Schüller beim Teamfoto das Trikot mit der Nummer 6 von der schwer am Knie verletzten Oberdorf hoch. Die 22 Jahre alte künftige Münchnerin wurde im Mittelfeld von Alexandra Popp ersetzt – die Kapitänin machte das mit viel Überblick und schaltete sich auch immer wieder in die Angriffe ein. Torjägerin Popp ist die einzig Verbliebene, die beim 2:1-Sieg gegen Schweden im Olympia-Finale 2016 auf dem Rasen stand. „Ich bin absolut zufrieden erstmal mit dem Beginn“, sagte Popp und fügte an: „Gerade gegen die Australierinnen, die im letzten Jahr bei der WM extrem gut abgeschnitten haben, so aufzutreten, so dominant zu sein, ist schon mal ein gutes Zeichen.“
Gwinn mit zwei Eckball-Vorlagen
Vor den Augen von DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Geschäftsführer Andreas Rettig und Christian Wück, der nach den Sommerspielen die Nachfolge von Hrubesch antritt, erwischten die deutschen Frauen einen konzentrierten Start. Genau das hatte Hrubesch nach so manchen frühen Gegentoren seit dem WM-Debakel von Australien 2023 gefordert.
Ohne ihre Kapitänin Sam Kerr (Kreuzbandriss) fehlten den Australierinnen die Überraschungsmomente im Angriff. Zumal Hegering und Kathrin Hendrich in der Innenverteidigung sicher standen.
Berger hat sich Platz von Frohms erkämpft
Mit einem breiten Lächeln lauschte Ann-Katrin Berger vor dem Anpfiff der Nationalhymne. Hrubesch hatte die 33 Jahre alte Torhüterin vom US-Club NJ/NY Gotham FC tatsächlich zwischen die Pfosten gestellt und damit für die sich andeutende Wachablösung gesorgt. Eine bittere Entscheidung für die langjährige Stammkeeperin Merle Frohms: Die 29-Jährige vom VfL Wolfsburg war bei der EM 2022 in England und bei der WM 2023 in Australien die Nummer 1. Aber Berger zeigte eine tadellose Leistung.
In ihrem elften Länderspiel sorgte Berger gleich für Torgefahr – auf der Gegenseite: Nach ihrem Blitz-Abschlag weit über die Mittellinie rannte Jule Brand auf und davon, schoss aber aus zehn Metern über die Latte (10.). Beim 4:0 in Hannover gegen Österreich hatte Berger gleich zwei Tore auf diese Art vorbereitet. Eine Viertelstunde später fiel das verdiente 1:0, als Hegering den Ball nach einer Ecke von Giulia Gwinn einnickte.
Wie schon beim ersten Treffer lieferte Gwinn auch beim 2:0 durch ihre Bayern-Kollegin Schüller mit einem Eckball die präzise Vorlage. Ohne nachzulassen, zogen die DFB-Frauen ihr Spiel durch und erhöhten durch die agile Brand noch auf 3:0.