Schon wieder ist ein Schiff gegen eine Eisenbahnbrücke geprallt, die für niedersächsische Häfen wichtig ist. Die wirtschaftlichen Folgen sind enorm.
Nach dem Schiffsunfall an der Eisenbahnbrücke in Elsfleth (Landkreis Wesermarsch) sind die Häfen links der Weser für längere Zeit vom Schiffs- und Bahnverkehr abgeschnitten. Die Reparaturen werden mehrere Wochen dauern, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Ein Brückenteil müsse ersetzt werden.
Der Schiffsverkehr auf der Hunte sei vorerst in beide Richtungen gesperrt, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei. Auch Züge können bis zum Ende der Arbeiten nicht über die Brücke fahren. Die Sperrung trifft erneut Reisende und die Häfen links der Weser, die auf die Anbindung angewiesen sind.
„Durch die fehlende Bahnverbindung sind Arbeitsplätze in unserem Hafen Brake in Gefahr und Einnahmeausfälle in Millionenhöhe drohen“, teilte die Sprecherin der landeseigenen Hafeninfrastrukturgesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts) mit. Auch wenn das genaue Ausmaß des Schadens noch unklar sei, bringe die Havarie die Häfen Brake, Oldenburg und Nordenham in eine „unglückliche Situation“.
Ermittlungen gegen den Schiffsführer
Grund für den Unfall ist nach ersten Ermittlungen der Wasserschutzpolizei ein Fehler des Schiffsführers. Demnach hat die Befragung des Mannes ergeben, dass dieser die Durchfahrtshöhe falsch eingeschätzt hat. Die Wasserschutzpolizei ermittelt nun wegen des Tatvorwurfs der Gefährdung des Bahn- und Schiffsverkehrs. Ein technischer Defekt an dem Tankmotorschiff könne ausgeschlossen werden, hieß es.
Das Binnenschiff prallte am Dienstagnachmittag gegen die Eisenbahnbrücke. Dabei wurde das Brückenhaus des Tankschiffes fast komplett abgerissen, die Brücke und die Oberleitung beschädigt. Der Schiffsführer und ein weiteres Besatzungsmitglied wurden leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht. Der Bahnverkehr über die Brücke wurde für unbestimmte Zeit gestoppt, ein Notverkehr mit Bussen eingerichtet.
Reparatur der Brücke dauert Wochen
Nach einer ersten Bestandsaufnahme wird das Ausmaß des Schadens langsam deutlich. Eines von zwei Hilfsbrückenteilen müsse ersetzt werden, teilte die Bahn mit. Das Teil werde nun für den Einbau angepasst und nach Elsfleth transportiert. Zunächst müssten aber der Überbau der Brücke, die Gleise und die Oberleitung zurückgebaut werden. Im Anschluss könne dann unter Einsatz eines Schwimmkrans das neue Brückenteil aufgelegt werden. Danach sollen die Gleise und Oberleitungsanlagen inklusive der Leit- und Sicherungstechnik wieder aufgebaut und angeschlossen werden.
Erst wenn die Strecke technisch abgenommen wird, kann die Brücke wieder für den Verkehr freigegeben werden. Die Arbeiten werden Wochen dauern, wie die Bahn mitteilte. Ein genauer Zeitplan werde noch erarbeitet. Die Bahn sei sich der Bedeutung der Brücke für die Region bewusst und arbeite unter Hochdruck daran, die Strecke so bald wie möglich wieder befahrbar zu machen.
Zweiter Unfall innerhalb weniger Monate
Bei dem Bauwerk handelt es sich um eine Behelfsbrücke, weil schon im Februar ein Binnenschiff gegen die reguläre Eisenbahnbrücke gefahren war. Das 110 Meter lange Schiff prallte gegen das Bauwerk und beschädigte dieses stark. Die Gleise wurden verbogen, die Oberleitungen beschädigt und die Unterkonstruktion verschoben. Auch damals war menschliches Versagen Grund für den Unfall. Nach Angaben der Wasserschutzpolizei wird dem damaligen Schiffsführer Gefährdung des Bahn- und Schiffsverkehr vorgeworfen. Es werde mit einer baldigen Anklage gerechnet, hieß es.
Die nun beschädigte Behelfsbrücke war seit Ende April in Betrieb. Nach Wochen des Stillstandes konnten damals wieder Züge zwischen Berne und Elsfleth fahren, die Häfen in Nordenham und Brake waren wieder per Schiene erreichbar.
Für Oldenburg war die Behelfsbrücke allerdings keine Lösung, der Hafen ist seit dem ersten Unfall im Februar abgeschnitten. Der Bau einer neuen Drehbrücke werde womöglich Jahre dauern – und der Schaden sich schnell auf eine zweistellige Millionenhöhe summieren, so die Befürchtung aus Oldenburg.
Binnenschiffe müssen auf Wasserstand achten
Die provisorische Brücke ist dem niedersächsischen Verkehrsministerium zufolge 30 Zentimeter niedriger als die vorherige Brücke und lässt sich nicht für Schiffe öffnen. Für Seeschiffe reicht die Höhe nicht aus, sie können den Fluss an der Stelle nicht passieren. Binnenschiffe konnten nur unter der Brücke durchfahren, wenn der Wasserstand niedrig genug war.
Der Wasserschutzpolizei zufolge sind die Pegelstände an der Hunte sichtbar. Zudem werden die Pegelstände über Funk durchgegeben. „Die Schiffsführer sind verpflichtet, diese Nachrichten zu hören“, sagte der Sprecher.
Erhebliche Folgen für Versorgung der Häfen
Mit dem jüngsten Unfall ist die Hunte in Elsfleth erneut für den Schiffsverkehr gesperrt, wieder sind wichtige niedersächsische Häfen nicht erreichbar. „Momentan ist das ein Nadelöhr“, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei. „Es ist eine erhebliche Einschränkung der Versorgung der Häfen und der Wirtschaftsstandorte.“ Ein Ausfall dieser Brücke führt demnach zu einem großen wirtschaftlichen Schaden.
Für die Häfen links der Weser ist insbesondere die Einstellung des Schienenverkehrs problematisch: Im Hafen Brake werden beispielsweise rund 30 Prozent des Umschlags über die Bahn abgewickelt. Schon infolge des ersten Unfalls entstand dort ein Schaden von rund einer Million Euro, wie Schätzungen der landeseigenen Hafeninfrastrukturgesellschaft Niedersachsen Ports ergaben. Umso wichtiger war die Behelfsbrücke – die nun auch beschädigt ist.
Vertreter der Häfen fordern langfristige Lösung
Die Hafenwirtschaft und NPorts bemühen sich nach eigenen Angaben, gegensteuern und den erneuten Schaden einzugrenzen. „Die Wirtschaft in der Region und darüber hinaus braucht eine stabile und sichere Verbindung“, betonte die Sprecherin. Die Bahn müsse schnellstmögliche eine stabile Drehbrücke errichten. Außerdem fordert NPorts Strategien, um langfristig die Sicherheit des Schiffsverkehrs zu gewährleisten.
In einer ersten Gesprächsrunde am Donnerstagmorgen wollen Vertreter der Häfen, der Bahn und Politiker über die Folgen des Unfalls und die nächsten Schritte beraten. Die Infrastruktur müsse schnellstmöglich wiederhergestellt werden, betonte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). „Für die Region hat das Thema enorme wirtschaftliche Relevanz, daher müssen wir jetzt alles daran setzen, um die Einbußen für die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten.“