Nach jahrelangen Debatten wurde das Islamische Zentrum Hamburg am Mittwoch verboten. Was ist das IZH für ein Verein und warum wird er als gefährlich eingestuft? Fragen und Antworten.
Jahrzehntelang residierte das IZH ungestört in bester Lage an der Hamburger Außenalster. Und das, obwohl es als der lange Arm des iranischen Regimes bekannt war. Die Politik vereinbarte sogar Kooperationen mit den Verantwortlichen. Nun wurde das IZH verboten. Was hinter dem Verein und der „Blauen Moschee“ steckt:
Was ist das „Islamische Zentrum Hamburg“ (IZH)?
Das Islamische Zentrum Hamburg wurde 1953 von iranischen Kaufleuten mit dem Ziel gegründet, eine Moschee zu errichten. In den folgenden Jahren entstand die sogenannte Blaue Moschee (Imam-Ali-Moschee) direkt an der Außenalster, die bis heute vom IZH als Trägerverein betrieben wird. Zahlreiche (schiitische) Muslime unterschiedlicher Nationalitäten kommen regelmäßig zum Freitagsgebet. Nach außen gibt sich das IZH liberal, veranstaltet Tage der offenen Tür, lädt Politiker zum Fastenbrechen ein und heißt auch Andersgläubige willkommen. Bis 2014 arbeitete sogar eine Frau als Imamin im IZH.
In Hamburg werden rund 30.000 Menschen der schiitischen Community zugeordnet, viele von ihnen mit iranischem Hintergrund. Viele der Menschen meiden aber die Moschee aufgrund ihrer engen Verbindung zum Mullah-Regime. Es kam in der Vergangenheit auch immer wieder zu Protesten vor der Moschee.
Im November vergangenen Jahres ließ das Bundesinnenministerium das IZH und die Blaue Moschee an der Außenalster und anderen Standorten in Deutschland durchsuchen und prüfte ein Verbot.
Noch bis zuletzt gab sich das IZH als harmlose Vereinigung. In der jüngsten Wochenendausgabe der Hamburger Morgenpost wies der aktuelle Leiter der IZH, Mohammad Hadi Mofatteh, jede Form von Extremismus zurück. Er habe bei der Durchsuchung im November den Polizisten gesagt: „Ihr könnt noch hundertmal kommen, wir haben nichts zu verbergen“. Er sei gelassen und unbesorgt angesichts der Forderungen nach einer Schließung des IZH. Eine Einschätzung, die sich wenige Tage später als falsch herausstellen sollte.
Welche konkreten Erkenntnisse hat der Verfassungsschutz zum IZH?
Der Verfassungsschutz sieht das IZH bereits seit Langem als verlängerten Arm des iranischen Regimes. Schon 1993 notierte die Hamburger Landesbehörde: „Das IZH hat sich nach der Rückkehr Ayatollah Khomeinis in den Iran zu einem wichtigen Propagandainstrument der islamischen Republik Iran für Westeuropa entwickelt“. Die Imam-Ali-Moschee gilt neben der iranischen Botschaft als wichtigste Außenstelle der Islamischen Republik Iran in Deutschland.
Der jeweilige Leiter des IZH wird Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden zufolge direkt vom Regime bestimmt und gilt als religiöser Vertreter von Ali Khamenei, dem Obersten Führer des Irans und Nachfolger von Ayatollah Khomeini. Ziel des IZH sei es, die Staatsideologie des Iran und die „Islamische Revolution“ weltweit zu exportieren.
Im jüngsten Hamburger Verfassungsschutzbericht wird das IZH als „wichtiges Instrument des Teheraner Regimes zur Etablierung einer antidemokratischen und antisemitischen Ausrichtung des schiitischen Islam nach Vorbild der iranischen Staatsideologie innerhalb Europas“ bezeichnet. So publiziere das IZH zusammen mit einem islamistischen Verlag das Buch „Der Islamische Staat“ vom Revolutionsführer Khomeini. Das Buch gibt vor, staatliches Handeln ausschließlich an der Scharia zu orientieren.
Außerdem vermerkt der Verfassungsschutz Verstrickungen zwischen dem IZH und der verbotenen Hisbollah. Der ehemalige stellvertretende IZH-Leiter wurde im Mai 2022 wegen seiner Verbindungen zu der Terrororganisation aus Deutschland ausgewiesen.
In der Vergangenheit nahmen IZH-Vertreter zudem am Al-Quds-Tag in Berlin teil, bei dem zur Vernichtung Israels aufgerufen wird.
Warum wurde das IZH nicht schon früher verboten?
Obwohl das IZH seit über 30 Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird, konnte es bis zum heutigen Tag operieren. Denn nur weil der Verfassungsschutz Informationen über einen Verein sammelt und veröffentlicht, kann man ihn nicht ohne weiteres verbieten.
Zudem hielten sich die Verantwortlichen des IZH öffentlich stets zurück, sodass die Sicherheitsbehörden verfassungsfeindliche Umtriebe hinter verschlossenen Türen nachzuweisen hatten.
Die Hürden für ein Vereinsverbot in Deutschland sind hoch. Vereine dürfen erst dann verboten werden, wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Offenbar sah man im Bundesinnenministerium jahrzehntelang die Beweislage noch nicht ausreichend, um ein Verbot rechtssicher durchzusetzen.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die verantwortliche Politik lange Zeit über die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes hinwegsah – oder zumindest keine Konsequenzen zog. Es kam sogar zur Kooperation zwischen Politik und Islamischen Zentrum.
Warum arbeiteten Politik und IZH jahrelang zusammen?
Der Hamburger Senat versuchte das IZH jahrelang aktiv als Partner einzubinden, um das Zusammenleben mit den Muslimen in der Stadt zu institutionalisieren.
So schloss der damalige Bürgermeister Olaf Scholz im Jahr 2012 einen Staatsvertrag mit verschiedenen muslimischen Verbänden ab, wie es ihn auch mit anderen Religionsgemeinschaften gibt. Darin wird beispielsweise geregelt, mit wem die Stadt über Belange der muslimischen Einwohner sprechen kann, welche islamischen Feiertage auch kirchliche Feiertage im Sinne des Feiertagsgesetzes in Hamburg sind oder wie der Religionsunterricht in Hamburg gestaltet werden könnte. Zu den Vertragspartnern gehörte die Schura (Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg), zu dessen Mitgliedern auch das IZH bis 2022 zählte.
Kritischen Stimmen aus der Opposition zur Verfassungsfeindlichkeit des Schura-Mitglieds IZH entgegnete der rot-grüne Senat, man wisse zwar um die Ausrichtung des IZH, aber hätte dies „mit dem Nutzen schriftlicher Verträge als Grundlage für eine Zusammenarbeit im Sinne der Integration abzuwägen“. In der Gesamtbewertung der religions-, integrations- und allgemein gesellschaftspolitischen Implikationen habe man den Vertrag trotz der Verfassungsschutzerkenntnisse geschlossen.
Interview Daniel Gladiator 20.34
Erst im Zuge der Ermordung von Mahsa Amini im Iran und den anschließenden Protesten wuchs auch der öffentliche Druck seitens der rot-grünen Landesregierung auf die Schura, das IZH auszuschließen, damit der Staatsvertrag nach zehn Jahren erneuert werden könnte. Das IZH trat infolgedessen Ende 2022 aus der Schura aus.
Forderungen bezüglich eines Verbots des IZH verwies die Hamburger Innenbehörde an das zuständige Bundesinnenministerium in Berlin. Die Ampel-Fraktionen brachten im Bundestag Anfang November 2022 einen Antrag ein, der die Schließung des IZH forderte.
Ein knappes Jahr später ließ das Bundesinnenministerium das IZH durchsuchen und sicherte dabei offenbar ausreichend Beweise, um nun ein Verbot rechtssicher durchzusetzen.