Das Gericht erkennt keinen Vorsatz bei dem tödlichen Messerstich gegen die Ex-Freundin. Das Urteil lautet fünf Jahre Jugendstrafe. Das Gericht attestiert dem Angeklagten Entwicklungsdefizite.
Das Landgericht Kiel hat einen 20 Jahre alten Mann unter anderem wegen eines tödlichen Messerstichs gegen seine Ex-Freundin zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Kammer sprach den zur Tatzeit 19-Jährigen wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge, Körperverletzung, Nötigung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig. Das Urteil blieb deutlich unter der Strafforderung der Staatsanwaltschaft von acht Jahren Jugendstrafe. Vorsatz sah das Gericht nicht.
Der 20-jährige Deutsche stand seit Mai wegen des Todes der jungen Frau im Oktober 2023 vor dem Landgericht. In der Verhandlung hatte er die Tat eingeräumt. Seine Ex-Freundin habe eine enge Beziehung zu einem früheren Freund unterhalten, was ihn verletzt habe. Die 17-Jährige und er hätten eine Beziehungspause vereinbart. Am Tattag habe er beide am Hauptbahnhof getroffen. Sie seien gemeinsam im Auto eines weiteren Bekannten zur Wohnung seiner Mutter gefahren, um zu reden. Es kam zum Streit. Der 20-Jährige gab zu, in der Wohnung mit einer Schreckschusspistole auf die 17-Jährige und den ehemaligen Freund geschossen zu haben.
Situation im Auto eskaliert
Die Situation habe sich auf die Straße verlagert, wo der vierte Beteiligte in seinem Auto gewartet habe. Der Angeklagte nahm dem Mann die Autoschlüssel ab und zwang die 17-Jährige, mit ihm wegzufahren. Er habe in Ruhe mit ihr reden wollen. Während der Fahrt habe er ein Messer in der Hand gehalten. Er habe ihr einen Schlag versetzt, weil sie schrie. Als er gemerkt habe, dass er seine Freundin mit dem Messer getroffen hatte, habe er sie ins Krankenhaus bringen wollen. Dabei verursachte der Angeklagte einen schweren Unfall.
Die Vorsitzende Richterin sprach von einem entsetzlichen, sich katastrophal entwickelnden Geschehen. „Wir haben uns die Entscheidung, wie die Tat einzuordnen ist, nicht leicht gemacht.“ Einen bedingten Vorsatz, die junge Frau zu töten, habe man nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt.
Angeklagter kommt aus schwierigen Verhältnissen
Die Richterin sprach von schwierigen familiären Verhältnissen des Angeklagten, der zeitweise in Jugendhilfeeinrichtungen gelebt habe. Er habe keinen Schulabschluss, keine Ausbildung und kein positives Selbstbild. Der junge Mann sei aber nicht unintelligent. Es liege eine Borderline-Störung vor.
Der Angeklagte hatte gesagt, er habe ein Küchenmesser mit in das Auto genommen und in der rechten Hand gehalten. Bein Schalten, das ihm wegen seiner Unerfahrenheit Schwierigkeiten gemacht habe, sei die Klinge gegen das Armaturenbrett gestoßen. Daher habe er das Messer umgedreht, sodass die Klinge beim kleinen Finger aus der Faust herausragte. „Wir glauben ihm nicht, dass er vergessen hatte, dass er überhaupt ein Messer in der Hand hatte“, sagte die Richterin. Das hatte er zu seiner Verteidigung behauptet. Beim Schlag nach der schreienden jungen Frau stieß er das Messer in ihre Brust und traf das Herz. Es sei aber möglich, dass der Angeklagte nicht wusste, wie die Faust ausgerichtet war, sagte die Richterin. Die Schuldfähigkeit des 20-Jährigen sei nicht eingeschränkt.
Direkte Worte an Nebenkläger und Verurteilten
Am Ende sprach die Richterin die Angehörigen des Opfers direkt an und sagte, keine Strafe könne ungeschehen machen, was sie an Leid und Trauer erlitten hätten. Dem Verurteilten redete sie ins Gewissen, er möge die Zeit in der Jugendhaft nutzen, einen Schulabschluss und eine Ausbildung zu absolvieren und ein positives Selbstbild zu entwickeln. Er benötige diese Zeit in einer streng gefassten Struktur mit psychosozialer Betreuung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.