Bundesregierung und Parteien haben US-Präsident Joe Biden Respekt für die Entscheidung gezollt, auf eine erneute Kandidatur für das Weiße Haus zu verzichten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte ihn als „verlässlichen Partner“ Deutschlands. Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) erklärte, die Rückzugsentscheidung erfülle ihn „mit tiefer Hochachtung“. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte, Biden ermögliche den US-Demokraten „einen frischen Start“ im Präsidentschaftsrennen gegen den Republikaner Donald Trump.
Biden hatte am Sonntag angesichts der massiven Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness erklärt, nicht mehr für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Der 81-Jährige war im Januar 2021 als Präsident vereidigt worden, rund elf Monate später zog Scholz ins Kanzleramt ein.
„Sein Entschluss, nicht noch einmal zu kandidieren, verdient Anerkennung“, schrieb Scholz am Sonntagabend im Onlinedienst X. Der US-Präsident habe „viel erreicht: für sein Land, für Europa, die Welt“. Dank ihm sei „die transatlantische Zusammenarbeit eng, die Nato stark, die USA ein guter und verlässlicher Partner für uns.“
Biden habe sich „ein halbes Jahrhundert für die Demokratie, fürs Land, für die Menschen“ eingesetzt, schrieb Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne). Er habe sich mit ganzer Kraft „in den Dienst der demokratischen Institutionen gestellt.“
„Joe Biden stellt die Interessen seines Landes über seine eigenen“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beim EU-Außenministertreffen in Brüssel. Unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl gelte aber: „Wir müssen mehr in unsere eigene Sicherheit investieren, Europa muss stärker werden. Das gelte „gerade im Bereich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik“.
Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), bezeichnete Bidens Rückzug als „tiefe Zäsur“ für Deutschland und Europa. „Es gab wahrscheinlich noch nie einen US-Präsidenten, der aus eigener Verbundenheit heraus die EU-Institutionen und den ‚alten‘ Kontinent insgesamt so ernst genommen hat“, sagte Link dem „Tagesspiegel“ vom Montag. Hinsichtlich der Vorbereitung der Bundesregierung auf die US-Wahl ändere Bidens Rückzug „erst einmal nichts“. Die Regierung bereite sich „intensiv auf beide Szenarien“ vor.
Es gebe nun „die Chance, dass das Rennen offen gestaltet ist“ zwischen dem Republikaner Trump und der Demokratischen Partei, sagte Bundesarbeitsminister Heil im Deutschlandfunk. Als Sozialdemokrat hoffe er auf den Sieg der Demokraten. Die Bundesregierung stelle sich aber „natürlich auf jeden Wahlausgang ein“. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nannte Biden „eine Ausnahmepersönlichkeit“.
„Joe Biden hat mehr als fünf Jahrzehnte lang dem amerikanischen Volk gedient. Seine heutige Entscheidung verdient größten Respekt“, schrieb CDU-Chef Friedrich Merz auf X. CSU-Chef Markus Söder betonte auf X, Biden habe „viel für sein Land, die Nato und Europa geleistet“. Sein Rückzug im Wahlkampf sei „die richtige Entscheidung“.
Grünen-Chefin Ricarda Lang schrieb bei X: „Joe Biden hat als Präsident seinem Land auf beeindruckende Art und Weise gedient. Und er tut es auch mit diesem Schritt. Mein größter Respekt!“
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), nannte Biden auf X in englischer Sprache einen „Präsidenten, dem wir in Europa und Deutschland viel zu verdanken haben“. „Das Ende ist tragisch und wird seinem Lebenswerk nicht gerecht.“
Die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmer nannte Bidens Entscheidung „klug, auch wenn es ihm natürlich schwer fallen muss“. Die Demokraten müssten nun „den geeigneten Kandidaten oder die geeignete Kandidatin sofort auf den Weg schicken“, sagte Strack-Zimmermann der Nachrichtenagentur AFP. „Noch können die Demokraten die Wahl für sich entscheiden.“
Biden hat sich bereits für seine Stellvertreterin Kamala Harris als Kandidatin der Demokraten für die Präsidentschaftswahl im November ausgesprochen. In Berlin fielen die Äußerungen zu ihr noch abwartend aus, da noch andere Kandidaten möglich wären.
Heil betonte, Harris sei in der deutschen Regierung „sehr bekannt“ und habe etwa auch an der Münchner Sicherheitskonferenz teilgenommen. Es gebe einen „intensiven Austausch“ auch mit dem Bundeskanzleramt.
Harris sei auch im Bereich der Verteidigungspolitik „keine Unbekannte“, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marcus Faber (FDP), bei RTL und ntv. „Man weiß, dass sich der Kurs der bisherigen Regierung eher fortsetzen würde.“