Nach der Landtagswahl will CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann Regierungschef in Brandenburg werden. Seine Alkoholfahrt mit einem E-Scooter kommt direkt zum Wahlkampfstart. Schadet sie ihm?
Die Karriereleiter führt für Jan Redmann bisher stets nach oben. Der 44-jährige Vorsitzende der CDU Brandenburg und der CDU-Landtagsfraktion will Ministerpräsident werden und Dietmar Woidke von der seit 1990 regierenden SPD nach der Landtagswahl im September in der Staatskanzlei beerben. Redmann hat eine geeinte Partei hinter sich – das ist in der Geschichte der CDU Brandenburg längst nicht immer so gewesen – und viele Chancen vor sich.
Dann kommt ein Abend mit Freunden und mehreren Gläsern Wein, von dem Redmann mit einem E-Roller zu seiner Wohnung in Potsdam fährt. Es ist nur ein kurzer Weg. Die Polizei stoppt ihn. Mit 1,3 Promille Atemalkohol, wie er noch am gleichen Tag den Medien berichtet. Flucht nach vorn, die beste Krisenstrategie, zumal der Wahlkampf direkt bevorsteht. Er will auf Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Verantwortung setzen.
Redmann will unbeirrt nach oben
„Damit habe ich gegen Regeln verstoßen, die ihre Berechtigung haben, denn es geht natürlich auch um die Sicherheit im Straßenverkehr“, sagt der Jurist. „Ich stehe zu diesem Fehler.“ Welche Strafe er bekommt, ist zunächst offen, und auch, wie hoch der Alkoholwert im Blut war. Redmann will Spitzenkandidat bleiben. Er geht aus dem Vorfall aber nicht unbeschadet hervor.
Als der CDU-Fraktionschef einige Tage später bei einer Sondersitzung des Landtags ans Rednerpult geht, ist das Wort E-Roller von den politischen Gegnern zu hören. Dazu kommt: Die Koalitionspartner SPD und Grüne rücken rund zwei Monate vor der Landtagswahl von ihm ab und sehen offene Fragen. Redmann spricht von einer Routinekontrolle bei seiner Fahrt, in einem internen Polizeibericht wird sein Fahrverhalten als Grund angegeben. Das schließt sich allerdings nicht aus.
Bisher steht die Partei hinter ihm
SPD-Fraktionschef Daniel Keller und Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke stellen die Eignung Redmanns als Ministerpräsident und als potenzieller künftiger Innenminister infrage. Der Wittstocker ist harte Bandagen gewöhnt. Er kann einstecken, aber auch austeilen. Lange vor dem Start des Wahlkampfes macht er deutlich, dass er – sollte er weiter in der Regierung sein – die Grünen nicht mehr dabeihaben will. Er hält sie für zu hinderlich bei Reformen, die er anstrebt.
Die CDU-Landtagsfraktion in Brandenburg, die nach dem Rücktritt von Landes- und Fraktionschef Ingo Senftleben zerstritten war, führt er seit 2019. Entgegen dem früheren Bild der „CDU-Schlachteplatte“, die sich selbst zerlegt, sorgte er für Ruhe. Die Partei steht trotz der Roller-Fahrt hinter ihm. Das Leiten ist ihm nicht fremd: Jan Redmann wurde 2006 Vorsitzender der Jungen Union Brandenburg.
Vor rund eineinhalb Jahren übernahm er den Posten des CDU-Landeschefs von Innenminister Michael Stübgen. „Ja, ich habe richtig Bock darauf, mit Euch Erfolge für die CDU Brandenburg einzufahren“, sagte er damals. Redmann brachte frischen Wind in die Landes-CDU. Inhaltlich rückte er sie nach rechts und stellte die Migrationspolitik stärker in den Mittelpunkt.
Im Wahlkampf sieht er die AfD nicht als Hauptthema. „Wir sind davon überzeugt, dass es zu wenig ist, wenn sich Parteien lediglich gegen die AfD unterhaken“, sagt Redmann. Er setzt auf Profilierung mit Bildung, Gesundheit und Sicherheit. Dass Redmann politisch viel vorhat, zeigt seine Mitgliedschaft im CDU-Bundesvorstand. Er ist gut vernetzt – mit dem heutigen NRW-Regierungschef Hendrik Wüst wohnte er mal in einer WG. Privat bekennt er sich zu seinem Lebenspartner, treibt gern Sport, „verschlingt“ Bücher und ist Reise-Fan.
Im Herbst soll es nach seinem Willen in die Staatskanzlei gehen. Die Umfragen sehen die CDU mal hinter AfD und SPD auf dem dritten Platz, mal aber auch hinter der AfD auf dem zweiten Platz. Welche Folgen die Trunkenheitsfahrt auf den Wahlausgang haben wird, ist offen. Redmann weiß, „dass das sicherlich auch den Start in den Wahlkampf belastet“. Und so geht er in die Offensive, um „jetzt doppelten Einsatz zu geben“. Der CDU-Wahlkampfslogan „Dein Land kann’s besser“ ist auch für ihn selbst eine Verpflichtung.