Schwarz-Rot plant milliardenschwere Einsparungen im Landeshaushalt. Wo genau das passieren soll, ist offen. Die Linke will, dass die Stadtgesellschaft in die Diskussion stärker eingebunden wird.
Die Berliner Linke fordert eine breite Beteiligung der Stadtgesellschaft an der Debatte über anstehende milliardenschwere Kürzungen im Landeshaushalt und die künftige Finanzpolitik. „Die Stadt muss in dieser Zeit der schwierigen Haushaltslage einfach mitgenommen werden“, sagte Fraktionschefin Anne Helm der Deutschen Presse-Agentur.
„Leider passiert das nicht.“ Vielmehr schiebe Schwarz-Rot alles hinaus. „Erst wird lange in Hinterzimmern verhandelt. Und dann versucht man irgendwie, die Stadt mit diesen Kürzungen zu konfrontieren, ohne dass sie über Prioritäten mitreden kann.“ Auch das Abgeordnetenhaus werde dabei außen vor gelassen.
Sie halte des für ein großes Problem, so Helm. Es gebe keine Schwerpunktsetzung und auch keinen Plan, auf den sich Empfänger der Mittel wie Bezirke oder soziale Träger einstellen könnten. Offen sei, welche Aufgaben weiter finanziert werden. „Folge ist, dass wir im Moment erleben, dass gerade bei den freien Trägern, bei der sozialen Infrastruktur, bei den Kiezprojekten, wirklich überall sehr große Sorge herrscht, wie es in Zukunft weitergehen kann.“
Helm lehnt Absenkung von Standards ab
Die von CDU und SPD ins Spiel gebrachten Absenkungen bei Standards im Sozialbereich hält Helm für eine Katastrophe. „Das hätte schlimmste Auswirkungen unter anderem für Kinder und Menschen mit Behinderungen zur Folge. Das würde nicht nur zu einer Verschlechterung der Qualität, sondern auch zu einer Verringerung der ohnehin schon oft völlig überlasteten Angebote führen.“
Das Volumen des Landeshaushalts ist seit den Corona-Jahren stark auf mittlerweile etwa 40 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. Die Koalition will es nun schrittweise reduzieren. Nach ersten Einsparungen im laufenden Jahr ist für 2025 von drei Milliarden und für 2026 von fünf Milliarden Euro die Rede. Wie das klappen soll, wollen CDU und SPD bis Herbst klären.
Schulze erwartet Privatisierungen
Der Linke-Co-Fraktionsvorsitze Tobias Schulze warnte vor einer „neuen Privatisierungswelle“ bei der öffentlichen Infrastruktur. „Wenn Investitionen nicht mehr getätigt werden, die getätigt werden müssten, läuft das auf einen Ausverkauf der öffentlichen Infrastruktur hinaus.“
Schulze verwies auf den schon heute bestehenden Sanierungsstau etwa im Verkehrsbereich, bei Krankenhäusern, Schulen oder in der Kultur. „Überall dort, wo große Sanierungsbedarfe und eben Finanzbedarfe bestehen, wird Schwarz-Rot die Privatisierungsfrage stellen“, glaubt er.
Ohne massive Investitionen in den Bereichen Gesundheit, Bildung oder Wohnen drohe Berlin eine Infrastrukturkrise ähnlich der um die Jahrtausendwende herum. „Dann werden wir in drei, vier oder fünf Jahren eine gar nicht mehr funktionierende Stadt haben.“
Alternative Ideen
Die Linksfraktion hat Schulze zufolge eigene Ideen, um ein solches Szenario wie auch Privatisierungen zu vermeiden: „Man muss über Transaktionskredite bei den öffentlichen Unternehmen den Investitionshaushalt so entlasten, dass man den konsumtiven Haushalt schonen kann“, erläuterte er.
Denkbar seien etwa Infrastrukturgesellschaften für den Hochschulbereich, für die Unterbringung Geflüchteter oder für den Schulbau. Diese könnten dann Kredite für wichtige Zukunftsinvestitionen aufnehmen – was wegen der geltenden Schuldenbremse, die die Linke im Übrigen abschaffen wolle, nicht über den regulären Landeshaushalt möglich sei.
Dieser Haushalt wiederum könne auf diese Weise vom Spardruck etwas entlastet werden, weil große Investitionen nicht mehr aus diesem Topf finanziert werden müssten. In der Folge sei weiter Geld für sogenannte konsumtive Ausgaben etwa im Sozialbereich da. So bezeichnen Finanzexperten Ausgaben von eher kurzfristigem Nutzen, während investive Ausgaben langfristigen Nutzen bringen.