Mit gerade einmal vier neu gebauten Windkraftanlagen ist der Freistaat im ersten Halbjahr 2024 mal wieder eines der deutschen Schlusslichter. Doch es gibt auch Zahlen, die ein wenig Hoffnung machen.
In den ersten fünf Monaten des Jahres wurde im Freistaat für 90 Windenergieanlagen die Genehmigung beantragt und für 16 Anlagen eine Genehmigung erteilt. Dies teilte das bayerische Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München mit. Die durchschnittliche Leistung pro beantragter Anlage liege bei rund 6,7 Megawatt. 2023 seien zudem für 64 Anlagen Genehmigungsanträge gestellt worden, dies seien „so viel wie seit dem Jahr 2014 nicht mehr“.
Aiwanger sieht in Genehmigungszahlen Beleg für Trendwende
„Diese Zahlen belegen die Trendwende in Bayern eindrücklich“, sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Die Realisierungszeiten bei Windenergieprojekten seien relativ lang. Deshalb spiegelten sich die im Freistaat neu ergriffenen Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie zwar bis jetzt nicht in den Ausbauzahlen wider – „wohl aber in den Antragszahlen“.
In Summe seien derzeit bayernweit 134 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 764 Megawatt beantragt, aber bisher nicht genehmigt. 46 genehmigte Anlagen sind den Angaben des Ministeriums zufolge noch nicht in Betrieb gegangen (Stand 04.07.2024).
Im ersten Halbjahr 2024 nur vier neue Windanlagen in Bayern
Wie dringend notwendig für eine erfolgreiche Energiewende auch die Realisierung der Windkraftprojekte in Bayern ist, zeigt die jüngste Statistik des Bundesverbands Windenergie: Mit einem realen Zubau von vier Windenergieanlagen und einer Gesamtleistung von 21 Megawatt belegte Bayern im ersten Halbjahr 2024 wieder einmal nur einen der hintersten Plätze im bundesweiten Vergleich. Nur Sachsen, Thüringen, das Saarland und die drei Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen landeten demnach hinter dem Freistaat.
Geschmälert wird der ohnehin zu geringe Ausbau in den ersten sechs Monaten zudem durch den zeitgleichen Rückbau eines Windrades mit einer Leistung von einem Megawatt. Bayern braucht aber mehr eigene Windenergie, will der Freistaat seine klimapolitischen Ziele und den wachsenden Energiebedarf decken. Auch die nun von Aiwanger gelobten Antragszahlen werden nicht ausreichen. Die Staatsregierung setzte es sich immerhin zum Ziel, bis 2030 1.000 neue Windenergieanlagen zu initiieren.
Bayern Schlusslicht mit Berlin bei Leistungsdichte pro Quadratkilometer
Zum Ende des ersten Halbjahres 2024 belief sich laut den Branchenangaben der kumulierte Gesamtbestand der Windenergieanlagen an Land auf 28.611 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 61,9 Gigawatt. Der Freistaat fristet hier aber ebenfalls ein trauriges Dasein als Schlusslicht: Gemeinsam mit Berlin weist Bayern mit weniger als 50 Kilowatt pro Quadratkilometer eine besonders niedrige Leistungsdichte auf.
Der schleppende Ausbau der Windkraft in Bayern ist das Ergebnis einer Regelungspolitik, die den Ausbau durch restriktive Vorgaben stark erschwerte. 2014 hatte die CSU die sogenannte 10H-Regel eingeführt, welche vorschrieb, dass der Abstand eines Windrades zu Wohnhäusern mindestens zehnfach der Höhe entspricht.
Auch Söder machte lange Politik gegen „Verspargelung der Landschaft“
In der Folge brach der Ausbau der Windenergie in Bayern praktisch vollends ein, es machte sich landesweit eine ablehnende Haltung zu den Rotoren breit. Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich jahrelang gegen eine „Verspargelung der Landschaft“ aus. Erst 2022 lockerte die Staatsregierung die Regelung – auf Druck von außen. Studien wiesen seither klar nach, dass auch die noch geltende 10H-Regel den Ausbau stark ausbremst.