Copa América: Tränen, Leiden und doch die nächste Messi-Krönung

Copa-Sieger 2021, Weltmeister 2022, Copa-Sieger 2024 – Messi und Argentinien bleiben im Titelrausch. Der Superstar muss aber raus, der Knöchel ist geschwollen. Ob er weitermacht, bleibt offen.

Lionel Messi weinte hemmungslos und litt unter seiner Hilflosigkeit. Mit Schmerzen im rechten dick geschwollenen Knöchel und vor allem in der Fußball-Seele musste sich der Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft beim dritten großen Titel der Albiceleste auf seine Mitspieler verlassen. 

1100 Tage nach dem ersten Triumph bei der Copa América gewann Argentinien am Sonntag (Ortszeit) in Miami mit Messi auf der Bank ab der 66. Minute erneut die Südamerika-Meisterschaft. „Leo wurde geboren, um auf dem Fußballplatz zu stehen“, sagte Nationaltrainer Lionel Scaloni. „Er will nie raus gehen, weil er seine Teamkollegen nicht im Stich lassen will.“ Der Sender TyC Sports schrieb: „Alle für einen“. 

In Messis neuer Fußball-Wahlheimat krönte der siebenmalige Weltfußballer ein weiteres Mal seine einzigartige Karriere. Mit 1:0 (0:0) siegte Argentinien gegen Kolumbien im Finale, das von bedenklich chaotischen und gefährlichen Zuständen begleitet wurde und Sicherheitsbedenken mit Blick auf die Fußball-WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko ausgelöst hat. Ob Messi dann noch für Argentinien spielen wird, blieb erstmal offen. „Das sind die letzten Schlachten. Wir sollten alles genießen, was wir als Nationalmannschaft erleben“, hatte er vor dem Finale gesagt. Im Sommer 2026 wird Messi 39 Jahre alt. 

Die eigene Copa-Geschichte von Messi

Lange war die Copa so etwas wie ein Alptraum für Messi, 2016 verkündete er nach einem erneuten Scheitern im Finale sogar seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Was folgte, war eine WM zum Vergessen 2018 in Russland, ehe Lionel Scaloni die Mannschaft übernahm und Argentinien zur erfolgreichsten Ära führte mit dem absoluten Höhepunkt des WM-Gewinns 2022 in Katar. 

Getrocknet waren die Tränen der Enttäuschungen und des Leidens von Messi auch, als er im Nachthimmel von Miami nach seinem siebten Copa-Finale mithilfe seiner langjährigen Mitstreiter Ángel di Mariá bei dessen letztem Länderspiel und Nicolás Otamendi die riesige Trophäe in den Himmel reckte. Den einzigen Treffer einer hart geführten Partie hatte Lautaro Martínez in der 112. Minute erzielt. 

„Beeindruckend“, schrieb „La Nacion“. „Rio de Janeiro, Wembley, Katar, Orte in der Welt, an denen dieses argentinische Team in Himmelblau und Weiß sich die Spitze aufsetzte. Zu dem Siegeszug kommt ein weiterer Ort hinzu: Miami“, meinte „La Capital“.

Lange und innig umarmten sich Messi, der seine goldenen Schuhe längst gegen Badelatschen eingetauscht hatte, und Trainer Scaloni. Keinem Coach vor dem 46-Jährigen, der bei der WM 2006 in Deutschland als Spieler mit Messi im Kader gestanden hatte, war es gelungen, Messi in der Nationalmannschaft derart zur Entfaltung kommen zu lassen.

Während über viele Jahre der FC Barcelona immer Messis Ort der Fußballverwirklichung war, blühte er allerspätestens seit seinem notgedrungenen Weggang im Sommer 2021 von Barça zu Paris Saint-Germain in der Auswahl der Südamerikaner richtig auf. Und er holte die Titel, die ihm schon fast für immer verwehrt schienen.

Party am Obelisken in Buenos Aires

Dass er nun in Miami, wo der seit einem Jahr spielt, wieder einen großen Pokal in den Händen hielt, passt in die finale Traumkarriere des Ausnahmekönners mit nunmehr insgesamt 45 Titeln auf Vereins- und Länderspielebene – auch ein Superlativ im Weltfußball. Zusammen mit seiner Ehefrau Antonela Roccuzzo und den drei Söhnen strahlte Messi beim nächsten denkwürdigen Foto seines Fußball-Albums längst wieder, in der Kabine ging die Party dann richtig los.

Und auch am Obelisken in Buenos Aires stieg schon wieder die nächste Fußball-Fiesta. Mit 16 Copa-Titeln ist Argentinien nun Rekordmeister. WM-Rekordmeister und Erzrivale Brasilien ist gegen die Übermacht in Himmelblau und Weiß seit einiger Zeit machtlos. Und Messi hat nach einem jahrelangen Kampf der Anerkennung seit seinem Umzug als 13-Jähriger nach Barcelona längst die Herzen seiner Landsleute erobert.

Nach den WM-Erfolgen Argentiniens 1978 und 1986 krönten er und di María, der 2021 das Tor zum 1:0 im Copa-Finale gegen Brasilien erzielt hatte, ihre goldene Generation mit der Titelverteidigung. Unter Tränen und dem Jubel der argentinischen Fans wurde di María in der Schlussphase ausgewechselt. „Ich bin dieser Generation auf ewig dankbar, dass sie alles gegeben und mich dazu gebracht hat, das zu erreichen, was ich mir so sehr gewünscht habe“, sagte er. „Das Ende war wie im Film“, betonte Scaloni.

Wiedersehen zwischen Messi und Yamal?

Die Frage, wie es mit Messi weitergeht, dürfte nicht nur Fußball-Argentinien mit Hochdruck weiter beschäftigen. Eine Diagnose zu seiner Verletzung, die manche Argentinier umgehend an den dicken Knöchel von Diego Maradona bei der WM 1990 erinnerte, gab es zunächst nicht. Messi könnte aber erstmal eine längere Pause drohen.

Hängt er aber nach mittlerweile 186 Länderspielen mit 109 Toren noch zwei Jahre bis zur WM dran, um auch dann die Titelverteidigung anzustreben? Wenn, dann würde es auch zu einer Wiederbegegnung zweier Fußball-Generationen im kommenden Jahr kommen. Termin und Spielort für das Finalissima stehen zwar noch nicht fest, wohl aber die beiden Mannschaften: Argentinien und Spanien nach dem EM-Triumph am Sonntag in Berlin gegen England.

18 Jahre nach einem Fototermin könnte es damit zum Wiedersehen zwischen Messi und dem spanischen Shootingstar Lamine Yamal von Messis Herzensclub FC Barcelona kommen. 2007 hatte Messi bei einem Fotoshooting Yamal im Baby-Alter gebadet und ihn in einer Decke gewickelt liebevoll im Arm gehalten.