In Niedersachsen regiert bei knapper Kasse der Pragmatismus: Neben Investitionen in Bildung und Gesundheit soll auch weniger Bürokratie dem Land neuen Schwung verleihen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil wehrt sich gegen den Eindruck, den Plänen der rot-grünen Landesregierung für 2025 fehle ein wegweisendes Leuchtturmprojekt. „Auch Leuchttürme wollen bezahlt werden. Das muss man sich leisten können“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. „Wir setzen aber zwei absolute Schwerpunkte: eine große Kraftanstrengung zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und eine große Kraftanstrengung zur Absicherung der medizinischen Versorgung auf dem Land.“
Für neuen Schwung sollen zudem weniger Regularien und gesenkte Standards sorgen. So reformierte die Landesregierung die Bauordnung, um der schwächelnden Bauindustrie und dem Wohnungsmarkt einen neuen Impuls zu geben, und veränderte die Personalvorgaben für die vom Fachkräftemangel geplagte Kinderbetreuung. „Leider sind die Verfahren in vielen Bereichen tatsächlich furchtbar kompliziert“, sagte Weil. „Wir brauchen mehr Dynamik. Eine Verschlankung von Verfahren ist preiswert zu haben und wird finanzielle Mittel einsparen.“
„Wir brauchen pragmatische Lösungen“
Auch der demografische Wandel zwinge das Land dazu, seine Standards zu überprüfen, sagte der Regierungschef: „Das zeigt sich beispielsweise im Kita-Bereich. Es nützen die besten Ambitionen im Hinblick auf Personalausstattung nichts, wenn sie sich nicht realisieren lassen. Wir brauchen pragmatische Lösungen.“
Der Ende Juni vorgestellte Haushaltsentwurf für 2025 hat ein Volumen von rund 44,2 Milliarden Euro – das sind etwa 1,6 Milliarden mehr als in diesem Jahr. Finanziert werden sollen unter anderem 2.460 weitere Stellen an den Schulen, um allen Lehrkräften, die in diesem und im kommenden Jahr in Niedersachsen den Vorbereitungsdienst absolvieren, ein Einstellungsangebot machen zu können. An der European Medical School Oldenburg soll die Zahl der Medizinstudienplätze um 80 auf 200 ausgebaut werden. Für die Gründung weiterer regionaler Gesundheitszentren sind zehn Millionen Euro vorgesehen.
CDU kritisiert Unterrichtsversorgung und „gesundheitspolitische Globuli“
CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner warf Rot-Grün dagegen vor, „halbherzig zu Lasten der Menschen“ zu regieren. So werde die Situation an den Schulen gerade einmal stabilisiert, falls die zusätzlich geplanten Lehrerstellen überhaupt alle besetzt werden können. „Wenn wir viel Glück haben, bleibt es in Niedersachsen also bei der unzureichenden Unterrichtsversorgung, die wir jetzt haben, und sie rutscht nicht noch weiter ab“, sagte Lechner.
Auch bei Krankenhausfinanzierung und Medizinerausbildung komme Rot-Grün nicht vom Fleck. „Die Landesregierung sieht seit Monaten dem wirtschaftlichen Niedergang und ersten Insolvenzen unserer Krankenhäuser zu, statt zum Beispiel landesverbürgte Liquiditätshilfen über die NBank zur Verfügung zu stellen“, kritisierte der CDU-Politiker. Die 80 zusätzlichen Medizin-Studienplätze in Oldenburg bezeichnete Lechner als „gesundheitspolitische Globuli für ein Versorgungsproblem, das von Jahr zu Jahr größer wird“.
AfD hält Zuwendungen für Krankenhäuser für unzureichend
Der AfD-Abgeordnete Peer Lilienthal kritisierte, das Land habe den Krankenhäusern über Jahre hinweg zu wenig Geld für Investitionen zur Verfügung gestellt. „Bis 2023 ist der Investitionsstau dadurch auf mehr als vier Milliarden Euro angewachsen. Die nun gewährte Finanzspritze ist im Verhältnis vollkommen unzureichend und für Weil kein Grund, sich damit zu brüsten“, sagte Lilienthal. Die landeseigene Wohnungsgesellschaft bezeichnete der AfD-Politiker zudem als ein „Millionengrab“.