1,7 Millionen Menschen forderten 2019 mehr Arten- und Naturschutz in Bayern. Die Regierung lobt seither die Umsetzung des Volksbegehrens, die Initiatoren sehen noch immer entscheidende Probleme.
Fünf Jahre nach dem erfolgreichsten Volksbegehren in der bayerischen Geschichte sind die Forderungen aus der Sicht von Initiatorin Agnes Becker noch immer in weiten Teilen nicht umgesetzt. „70 Prozent sind aus unserer Sicht bisher leider noch immer nur unzureichend umgesetzt oder es fehlen Daten“, sagte die ÖDP-Landesvorsitzende der Deutschen Presse-Agentur in München.
Besonders kritisch sehe sie die Tatsache, dass die drei großen Themen von „Rettet die Bienen“ – mehr Biotopverbund, mehr Ökolandbau und die Halbierung der eingesetzten Pestizide – „sträflich vernachlässigt“ würden. „Hier fehlt aus unserer Sicht die Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung.“
Minister verteidigen Umsetzung
Heute will der Trägerkreis des Volksbegehrens im Landtag seine Bilanz zum Volksbegehren vorstellen. In dem Kontext soll auch eine wissenschaftliche Evaluation vorgestellt werden, da die Meinungen über Erfolg und Misserfolg seit Jahren weit auseinandergehen. Erst am vergangenen Freitag hatten Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) und Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) in vorauseilender Manier mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht die Umsetzung des Volksbegehrens „deutlich“ voranschreitet – die Minister rechneten vor, dass knapp 90 Prozent der Maßnahmen aus Volksbegehren und Begleitgesetz umgesetzt seien.
Insofern dürfte die Diskussionsrunde im Landtag durchaus interessant werden, wenn Kaniber und Glauber auf dem Podium im Senatssaal auf Becker und den Wissenschaftler Roman Lenz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen treffen.
Aus der Sicht Beckers ist aber seit dem Volksbegehren auch viel Gutes passiert, dafür wolle sie die Staatsregierung auch ausdrücklich loben. Dazu gehöre etwa die Ausweisung von Naturwäldern, der Ausbau von Gewässerrandstreifen an Feldern, die Förderung der Streuobstwiesen und die Umsetzung der spät gemähten Wiesen. „Insgesamt ist nach unserer Bewertung etwa ein Drittel aller Forderungen gut umgesetzt“, sagte sie.
Initiatorin: Menschen haben inzwischen andere Sorgen
Rückblickend auf den großen Erfolg des Volksbegehrens sieht Becker inzwischen eine Stimmung im Land, die deutlich weniger Akzeptanz für den Artenschutz hat. Das gleiche Volksbegehren würde wohl deutlich weniger Zuspruch erhalten als 2019, wo eine ganz besondere Stimmung herrschte.
Die Menschen hätten inzwischen nach der Corona-Krise, wegen des wirtschaftlichen Abschwungs und der internationalen Krisen andere Sorgen. Dabei sei die Lage beim Artensterben nach wie vor hochdramatisch – sogar schwieriger als beim Klimawandel. Aussterbende Arten gefährdeten die Stabilität in Ökosystemen. „Man riecht es nicht, man hört es nicht, aber es passiert“, sagte Becker.
Es bleibe daher Verpflichtung des Trägerkreises, die Umsetzung eng zu begleiten und den Druck auf die Staatsregierung hochzuhalten, betonte Becker. „Wie können sie leider nicht verklagen zur konsequenteren Umsetzung ihres eigenen Gesetzes.“
Am 13. Februar 2019 hatten mehr als 1,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger für das Volksbegehren Artenvielfalt – „Rettet die Bienen“ unterschrieben. 18,3 Prozent der Wahlberechtigten setzten damit ein deutliches Zeichen für mehr Artenschutz. Am 17. Juli nahm der Landtag das Volksbegehren an.