Mehrfach hat der Landkreis Hildburghausen wegen rechtsextremer Umtriebe für Aufmerksamkeit gesorgt. Der neue Landrat dort steht Forderungen, den Kampf gegen rechts neu zu beleben, offen gegenüber.
Nachdem im Landkreis Hildburghausen der langjährige Landrat Thomas Müller (CDU) aus dem Amt geschieden ist, fordert ein Bürgerbündnis von Müllers Amtsnachfolger Sven Gregor (Freie Wähler) einen Neustart im Kampf gegen Rechtsextremismus. „Nach den sehr dramatischen Wahlergebnissen im Landkreis muss es hier nun eine sehr klare Positionierung geben – auch durch den neuen Landrat“, sagte der Sprecher des Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra, Thomas Jakob, der Deutschen Presse-Agentur. Eine ebensolche Positionierung durch die politische Spitze des Landkreises habe es in den vergangenen Jahren nicht gegeben. Das habe mit dazu beigetragen, dass sich rechtsextremes Gedankengut im Landkreis habe stark verbreiten können. „Genau das hat ja gefehlt: Dass ein Landrat mal klar gesagt hätte: Ja, wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus.“
Wenn ein Landrat dieses Problem offen anspreche, habe das für viele Menschen in der Region eine andere Wirkung, als wenn beispielsweise die Zivilgesellschaft oder einzelne Unternehmen darauf aufmerksam machten, sagte Jakob. Bislang habe es dort eine „Tendenz des Wegschweigens“ gegeben.
Mehrere große Rechtsrock-Konzerte
Der 60.000-Einwohner-Landkreis ganz im Süden Thüringens hat in den vergangenen Jahren bundesweit immer wieder wegen rechtsextremer Umtriebe Aufmerksamkeit bekommen. Vor der Corona-Pandemie hatten dort beispielsweise mehrere große Rechtsrock-Konzerte stattgefunden, darunter das größte derartige Festival der deutschen Nachkriegsgeschichte. Dazu waren 2017 etwa 6.000 Rechtsextreme aus ganz Europa in den Landkreis gekommen.
Bei der jüngsten Kommunalwahl hatte der bekennende und in der Region fest verwurzelte Rechtsextremist Tommy Frenck es dann sogar in die Stichwahl um das Amt des Landrats geschafft.
Müller als bisheriger Landrat Hildburghausens war jahrelang dafür kritisiert worden, die rechtsextremen Strukturen und Strömungen in der Region nicht ernst genug zu nehmen. Derartige Vorwürfe hatte er stets zurückgewiesen.
Petition gestartet
In einer an Gregor gerichteten Petition fordert das Bürgerbündnis, der neue Landrat müsse sich mit dem Problem der gewachsenen Akzeptanz und Tolerierung rechter Einstellungen und Inhalten in der Region auseinandersetzen. „Entwickeln Sie gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, sozialen Verbänden, Kirchen, Gewerkschaften, Kulturschaffenden und vielen weiteren, die an einem weltoffenen Landkreis interessiert sind, wirksame Ansätze gegen Rechts“, heißt es in der Petition zudem. Gregor solle darauf hinwirken, „dass ein politischer Konsens entsteht, der die Zusammenarbeit mit dem BZH und der AfD ausschließt“. Bislang haben etwa 1.600 Menschen diese Petition im Internet unterzeichnet. BZH ist eine lokale politische Gruppierung, hinter der Frenck steht.
Gregor sagte, er halte die Frage, wie im Landkreis künftig mit Rechtsextremismus umgegangen werden sollte, für ein „sehr wichtiges Thema“. „Ich sehe da ein Problem, ja“, sagte er der dpa. Als Reaktion auf die Petition plane er einen Runden Tisch im Landratsamt einzuberufen, an dem alle, die sich diesem Gedankengut entgegenstellen wollten, miteinander ins Gespräch kommen sollten. „Dafür muss es einen Austausch auf Augenhöhe geben.“