Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich mit Blick auf die umstrittene Wahlrechtsform in Neukaledonien kompromissbereit gezeigt. „Ich habe mich dazu verpflichtet, die Reform nicht durchzuboxen“, sagte er am Donnerstag bei seinem Kurzbesuch in dem von Unruhen erschütterten französischen Überseegebiet östlich von Australien. „Wir geben uns einige Wochen, damit wieder Ruhe einkehrt und der Dialog wieder aufgenommen werden kann“, fügte er hinzu.
Proteste gegen die bereits vom Parlament verabschiedete Wahlrechtsreform waren der Auslöser der Proteste gewesen. In einem Monat solle Bilanz gezogen werden, sagte Macron. Ursprünglich hatte er angekündigt, bis Ende Juni beide Kammern des Parlaments im Kongress zusammenzurufen, um die Wahlrechtsreform endgültig zu verabschieden.
Ziel sei ein „globales Abkommen“, das neben dem Wahlrecht auch die Zukunft der Institutionen des Überseegebiets umfasse. „Es ist mein Wunsch, dass die Einwohner Neukaledoniens über dieses Abkommen in einem Referendum abstimmen“, betonte Macron, der auf der Insel sowohl Unterstützer als auch Gegner der Reform getroffen hatte.
Das neue Wahlrecht sieht vor, dass Festlandsfranzosen, die sich in dem Überseegebiet niederlassen, schon früher als bisher das Wahlrecht bei Provinzwahlen erhalten. Die ursprüngliche Bevölkerung, die etwa 40 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht, befürchtet eine Verringerung ihres Einflusses. Im Hintergrund steht außerdem die Frage einer Unabhängigkeit von Frankreich, die von einem Teil der ursprünglichen Einwohner befürwortet wird.
Macron forderte die Aufständischen auf, die Straßensperren abzubauen. Erst wenn wieder Ruhe eingekehrt sei, könne der Notstand aufgehoben werden. Bei den Unruhen, die nach der Verabschiedung der Wahlrechtsreform in der Nationalversammlung vor zehn Tagen begonnen hatten, waren sechs Menschen getötet worden, unter ihnen zwei Mitglieder der Gendarmerie. Etwa 280 Menschen wurden festgenommen.
Die Regierung hatte eine nächtliche Ausgangssperre verhängt und den Onlinedienst Tiktok blockiert. Macon wurde von drei hochrangigen Beamten begleitet, die ein Dialoggremium für Neukaledonien einrichten sollen.
Das Auswärtige Amt in Berlin rät von nicht unbedingt notwendigen Reisen nach Neukaledonien derzeit ab.
Macron war am Dienstag überraschend nach Neukaledonien aufgebrochen. Allein die Hinreise dauerte mehr als 24 Stunden. Der Präsident wird am Sonntag in Berlin zu einem dreitägigen Staatsbesuch erwartet, den er mit einem Jetlag antreten dürfte.