In den Pyrenäen liefern sich Pogacar und Vingegaard den nächsten Schlagabtausch. Bei der ersten Bergankunft der 111. Tour setzt sich der Mann im Gelben Trikot durch – und sammelt wertvolle Sekunden.
Tadej Pogacar klopfte sich mit beiden Händen auf die Brust und feierte in den Pyrenäen seinen bedeutenden Teilerfolg gegen die Konkurrenz um Titelverteidiger Jonas Vingegaard mit einem Jubelschrei. Kurz vor der ersten Bergankunft der 111. Tour de France hatte er einen unnachahmlichen Angriff gefahren. „Die Attacke war Instinkt. Wir wollten den Etappensieg“, sagte der zweimalige Tour-Sieger.
„Das war ideal heute“, schwärmte der Superstar. „Es sind richtig gute Nachrichten, wie das ausgegangen ist“. Der Ausnahmefahrer war bei der Zieleinfahrt in Pla d’Adet als Tagessieger mit einem komfortablen Abstand von 39 Sekunden inklusive Bonifikation vor dem Dänen Vingegaard über die Ziellinie gerollt.
Bei dem harten Gebirgsritt nach 151,9 Kilometern auf der 14. Etappe mit Start in Pau kam er sogar 1:10 Minuten vor dem Belgier Remco Evenepoel ins Ziel. Der Träger des Weißen Trikots für den besten Nachwuchsfahrer wurde Dritter.
In der Gesamtwertung liegt Pogacar nun mit 01:57 Minuten vor Vingegaard und 02:22 vor Evenepoel. Der Zeitfahr-Weltmeister büßte damit seinen zweiten Gesamtrang ein und verlor ihn an Tour-Vorjahressieger Vingegaard.
Niermann: „Akzeptieren, dass einer besser war“
Pogacar feierte seinen insgesamt 13. Etappenerfolg bei der Frankreich-Rundfahrt, seinen zweiten bei der diesjährigen Tour. „Als ich ein Kind war, konnte ich mir nie vorstellen, eine Etappe bei der Tour zu gewinnen. Das war wie ein anderer Planet“, sagte er.
Zum Leidwesen seiner Konkurrenz hat er diesen Planeten nun schon häufiger betreten. „Wir müssen akzeptieren, dass einer besser war. Wir wussten zu 100 Prozent, dass Pogacar attackieren wird“, sagte Grischa Niermann, der sportliche Leiter aus dem Vingegaard-Team. „Die Verhältnisse sind gerade so, das müssen wir akzeptieren. Wir hoffen, dass noch Etappen kommen, wo wir Zeit zurückgewinnen. Aber im Moment sieht es nicht danach aus, das muss man klar sagen“, gestand der Ex-Profi ein.
Politt hält Tempo hoch
Pogacars deutscher Helfer Nils Politt hielt lange das Tempo des Hauptfelds hoch. Erst 4,6 Kilometer vor dem Ziel griff Pogacar dann Vingegaard an. Nach und nach sammelte er wertvolle Sekunden auf seine Konkurrenten. Vingegaard bemühte sich zwar sichtlich, konnte aber nicht am Hinterrad bleiben.
Beide Ausnahmefahrer lieferten sich schon einige Duelle bei der diesjährigen Rundfahrt. Pogacar fuhr Vingegaard am Col du Galibier um einige Sekunden davon. Der amtierende Tour-Champion blieb aber ruhig. Er konterte in den Folgetagen die Attacken von Pogacar und trieb die Nervosität des Manns in Gelb mit seiner defensiven Fahrweise hoch. Der beschwerte sich daraufhin, doch Vingegaard verteidigte die Taktik seines Teams. Im Skigebiet von Le Lioran setzte sich der 27-Jährige sogar knapp vor Pogacar durch und holte den Etappensieg.
Corona-Symptome bei Pidcock
Beim ersten von zwei Pyrenäen-Krachern am Wochenende standen gleich zwei Bergwertungen der höchsten Kategorie an. Alleine der Tour-Klassiker Col du Tourmalet hat es in sich. Auf 19 Kilometern mussten die Fahrer eine durchschnittliche Steigung von etwas mehr als sieben Prozent bewältigen. Der knackige Schlusspunkt auf dem Pla d’Adet beinhaltete fast acht Prozent auf etwas mehr als zehn Kilometern.
Tom Pidcock wurde vor der Schinderei bewahrt. Allerdings zum Leidwesen des einmaligen britischen Tour-Etappensiegers. Sein Team verkündete kurz vor Etappenstart, dass der 24-Jährige wegen Corona-Symptomen nach Hause fahre. Dabei galt seine Ineos-Mannschaft als sehr vorsichtig. Mitarbeiter hatten zuletzt Masken getragen. Aktuell gibt es keine festgelegten Corona-Maßnahmen bei der Tour. Im Hauptfeld sollen aktuell mehrere Fahrer mit Corona unterwegs sein.
Zum Nationalfeiertag wartet am Sonntag eine noch anspruchsvollere Pyrenäen-Etappe. Die Königsetappe mit Start in Loudenvielle und Ziel auf dem Plateau de Beille gilt mit ihren mehr als 4800 Höhenmetern und 197,7 Kilometern als größte Herausforderung der diesjährigen Rundfahrt.