Die SPD regiert in Brandenburg seit über 30 Jahren. Ministerpräsident Woidke will es bei der Landtagswahl erneut schaffen. Er äußert sich zum BSW und zur Einbindung des Kanzlers in den Wahlkampf.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zeigt sich gut zwei Monate vor der Landtagswahl optimistisch für die SPD – und gibt zugleich der SPD-geführten Bundesregierung eine Mitschuld an der teils schlechten Stimmung im Land. „Wir haben momentan eine Bundesregierung, die es leider nicht geschafft hat, Sicherheit und Stabilität auszustrahlen“, sagte Woidke im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Er zeigt sich offen für Gespräche mit dem BSW, kritisiert aber Parteichefin Sahra Wagenknecht: „Mit Handwerk ist sie mir bisher nicht aufgefallen, aber am Ende ist Politik Handwerk.“ Am 22. September wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt. In der jüngsten Wahlumfrage von Infratest dimap für den RBB kam die SPD wie die CDU auf 19 Prozent hinter der AfD.
Frage: Macht das Regieren noch Freude?
Antwort: Es ist ein Riesendruck, unter dem man steht, aber es gibt eine große Befriedigung über das, was im Land passiert. Es gab noch nie eine Zeit, in der sich Brandenburg so erfolgreich entwickelt hat wie in den letzten Jahren. Es ist eine Phase der Reindustrialisierung, die wir einleiten konnten. Wir haben es in Brandenburg geschafft, jedes einzelne Jahr mehr Industriearbeitsplätze dazuzubekommen, darauf bin ich stolz und deshalb macht das Regieren in diesem Land Freude.
Frage: Warum ist die Stimmung trotz des Wirtschaftswachstums, das in Brandenburg über dem Bundesdurchschnitt liegt, teils so schlecht?
Antwort: Wir haben ein klares Auseinanderfallen von Situation und Stimmung. Das hat etwas damit zu tun, dass wir in den letzten Jahren Krisen zu bewältigen hatten, die heute noch nachwirken. Der russische Überfall auf die Ukraine macht den Menschen im Land viele Sorgen und Ängste. Und wir haben momentan eine Bundesregierung, die es leider nicht geschafft hat, Sicherheit und Stabilität auszustrahlen – in einer Zeit, in der Deutschland mit so vielen Krisen konfrontiert ist, wie nie zuvor.
Frage: Beim SPD-Landesparteitag haben Sie gesagt: „Wir sind die politische Kraft, vor der die Rechtsextremisten zittern.“ Wie beurteilen Sie die Lage für die SPD vor der Wahl?
Antwort: Die Umfragen sind ähnlich wie vor fünf Jahren. Noch wenige Wochen vor der Landtagswahl reagieren die Menschen auf die Themen der Bundespolitik. Demokratie ist aber ganz einfach: Wenn die Menschen in Brandenburg mich als Ministerpräsident weiter wollen, müssen sie mich wählen und ich lasse mich weiter in die Pflicht nehmen. Mehr als 50 Prozent der Menschen würden mich bei einer Direktwahl wieder zum Ministerpräsidenten wählen, das sind die letzten Umfragen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen werden.
Frage: Hätten Sie den Kanzler gerne im SPD-Wahlkampf mit dabei?
Antwort: Wir haben es in Brandenburg Gott sei Dank nie nötig gehabt, geborgte Prominenz einzufliegen. Wenn wir deutlich machen wollen, dass es hier um das Land Brandenburg geht, ist es von vornherein klar, dass wir auf Brandenburg setzen im Wahlkampf, dass es um die Brandenburg-SPD geht. Es geht am Ende darum, wer unser Land weiter führt und wer in rauer See der Kapitän auf der Brücke ist.
Frage: Das Bündnis Sahra Wagenknecht tritt erstmals zur Landtagswahl an. Wie beurteilen Sie Sahra Wagenknecht?
Antwort: Es gibt in der Politik zwei große Linien: Mundwerk und Handwerk. Wenn es gut läuft, passen beide gut zusammen oder beides kommt vor, aber es gibt auch Mundwerk oder Handwerk. Frau Wagenknecht kenne ich nur als Rednerin, als SED- und Linkspartei-Funktionärin mit ein bisschen DDR-Nostalgie. Mit Handwerk ist sie mir bisher nicht aufgefallen, aber am Ende ist Politik Handwerk. Ich glaube, es ist Teil ihrer Strategie, dass sie vieles offenlässt, damit sie alle Wünsche und Erwartungen auf sich vereinen kann. In Brandenburg tritt Sahra Wagenknecht persönlich nicht an, gewählt werden kann sie hier somit nicht.
Frage: Ist das BSW eine Koalitionsoption für die SPD?
Antwort: Wenn das BSW beweisen will, dass es auch regieren kann, dann kann es sein, dass wir mit dem BSW sprechen. Am Ende braucht es im Regierungshandeln aber Pragmatismus. Im Land Brandenburg wird nicht über die Migrationsfrage oder die Zukunft der Ukraine entschieden. Wagenknecht stößt da allerdings in eine offene Flanke. Die Bundesregierung muss deutlich machen, dass sie alles dafür unternimmt, damit dieser schreckliche Krieg möglichst schnell zu Ende geht und eine diplomatische Lösung gefunden wird, die Freiheit und Unabhängigkeit der Ukraine, aber auch gleichzeitig einen dauerhaften Frieden sichert. Es ist wichtig, dass Deutschland hier wieder eine stärkere Rolle spielt, auch was die Vermittlerrolle für eine solche Friedenslösung betrifft.