Bei der 111. Tour gibt es den ersten bekanntgewordenen Corona-Fall. Auf Etappe zwölf siegt der Eritreer Girmay erneut, der Slowene Roglic verliert viel Zeit. Ein deutscher Profi ärgert sich.
Pascal Ackermann schlug verärgert auf seinen Lenker. Eingeklemmt in einem hektischen Finale auf der zwölften Etappe verpasste der Pfälzer als Vierter seinen ersten Coup bei der Tour de France. „Wir waren perfekt positioniert. Es war alles richtig geil. Als wir losfahren wollten, ist Kristoff rechts rübergefahren (…) zum Glück sind wir nicht gestürzt“, haderte Ackermann in der ARD über den norwegischen Altmeister Alexander Kristoff und forderte dessen Disqualifikation: „Das war kriminell.“
Den Sieg holte sich nach 203,6 Kilometern in Villeneuve-sur-Lot stattdessen erneut Biniam Girmay aus Eritrea. Der Mann im Grünen Trikot siegte vor dem Belgier Wout van Aert und dem Franzosen Arnaud Demare.
Der große Verlierer des Tages war aber Mitfavorit Primoz Roglic aus dem deutschen Red-Bull-Team. Durch einen Sturz zehn Kilometer vor dem Ziel verlor der Slowene über zwei Minuten und liegt nun im Kampf gegen seine großen Konkurrenten um den Gesamtführenden Tadej Pogacar und Titelverteidiger Jonas Vingegaard deutlich im Hintertreffen. Roglic rutschte auf Platz sechs ab mit einem Rückstand von nun 4:42 Minuten auf Pogacar. Der vom Team erhoffte Tour-Sieg rückt immer weiter in die Ferne.
Pogacar liegt in der Gesamtwertung weiter 1:06 Minuten vor dem belgischen Zeitfahr-Weltmeister Remco Evenepoel. Dritter ist 1:14 Minuten zurück Titelverteidiger Jonas Vingegaard.
Der Massensturz passierte knapp zehn Kilometer vor dem Ziel, gerade als sich die Sprinter-Teams formierten. Erst stürzte ein Astana-Fahrer. Roglic hatte Pech, dass er unmittelbar dahinter postiert war. Seine Teamkollegen versuchten noch, ihn wieder ranzubringen – ohne Erfolg.
Erster bekannter Corona-Fall
Einen Tag nach der kräftezehrenden Kletterpartie im Zentralmassiv machten den Fahrern zusätzlich die hohen Temperaturen zu schaffen. Der niederländische Sprinter Fabio Jakobsen musste aufgeben. Zunächst blieb der Grund dafür unklar. Der 27 Jahre alte einmalige Tour-Etappensieger, der schon im vergangenen Jahr nach Teilstück zwölf Au Revoir sagen musste, fiel am Donnerstag zurück und verabschiedete sich knapp 180 Kilometer vor dem Ziel der Etappe.
65 Kilometer später stieg der Spanier Pello Bilbao schweren Herzens vom Rad. Der Teamkollege von Sprinter Phil Bauhaus und Nikias Arndt hatte vergangenes Jahr seine erste Tour-Etappe gewonnen. Sein Team teilte auf „X“ mit, dass er sich bereits am Vortag nicht gut gefühlt habe.
Vor der Etappe gab es schon das Tour-Aus eines bekannten Fahrers. Der Däne Michael Morkov aus dem Rennstall um Sprint-Idol Mark Cavendish gab als erster Fahrer bei der diesjährigen Landesrundfahrt wegen einer Corona-Infektion auf. Laut seinem Astana-Team war der 39 Jahre alte Top-Anfahrer von Cavendish positiv getestet worden, er habe aber keine schweren Symptome. Für den erfahrenen Rennfahrer endet damit seine letzte Frankreich-Rundfahrt schon vorzeitig.
Cavendish: Fahrer mit Corona bei Tour
„Es schützt alle anderen Fahrer“, lobte Cavendish die Maßnahme seines Teams bei Eurosport. „Ich weiß, dass es Fahrer gibt, die mit Corona bei der Tour fahren“, sagte der Brite, der in diesem Jahr mit seinem 35. Etappensieg einen Tour-Rekord aufgestellt hat. Corona spielte bislang eher eine untergeordnete Rolle. Bei der Tour selbst gibt es gegen das Virus keine Schutzmaßnahmen mehr. Einige Teams tragen allerdings weiter Masken.
Vor dem Auftakt der Tour in Florenz präsentierte sich der belgische Zeitfahr-Weltmeister Remco Evenepoel mit Maske. Superstar Tadej Pogacar war in der Vorbereitung an Corona erkrankt. Der zweimalige Tour-de-France-Sieger erlebte aber nach eigener Aussage einen milden Verlauf der Infektion. Titelverteidiger Jonas Vingegaard muss auf seinen Edel-Helfer Sepp Kuss verzichten, der wegen Corona nicht teilnehmen konnte.
Vor dem anspruchsvollen Wochenende in den Pyrenäen erwarten die Profis am Freitag weitestgehend flache 165,3 Kilometer zwischen Agen und Pau. Hierbei bekommen die Sprinter wohl ihre vorletzte Chance bei der diesjährigen Landesrundfahrt.