Rechte Frauen drängen an die Macht. Liberale Frauen dagegen bleiben oft im Schatten älterer Männer. Eine Bankrott-Erklärung.
Wenn es um Frauen in der Öffentlichkeit geht, bin ich derzeit etwas ratlos. Denn die Frauen, die es im Moment nach vorn schaffen, zerren Europa mit Wucht nach rechts. Marine Le Pen zielte auf höchste Amt und hatte auch sehr gute Chancen, bis sich überraschend ein Linksbündnis formierte. In Italien regiert längst Meloni, die es beim G7-Gipfel geschafft hat, das Wort Abtreibung aus dem Ergebnistext zu tilgen.
Haben weibliche Rechte die linken Vorbilder verdrängt?
Wo sind die Frauen hin, die nicht für rechte Politik kämpfen? Sanna Marin und Jacinda Ardern wirken wie Gestalten aus einem vergangenen Jahrhundert. Greta Thunberg sehe ich hauptsächlich noch auf Instagram, wie sie von Polizisten weggetragen wird. Die Kapitänin Carola Rackete, die Matteo Salvini im Mittelmeer die Stirn bot, ist für Die Linke in die Politik gegangen, was eher wie Schiffeversenken ist. Vor fünf Jahren waren sie alle Frauen, von denen man sich große Debatten erhoffte.
Was stimmt mit uns Frauen und unserem Bild in der Öffentlichkeit nicht, wenn Joe Biden und Donald Trump im Seniorenduell die Welt in Altersstarre versetzen? Kamala Harris kommt erst ins Gespräch, wenn man Joe Biden von der Bühne tragen muss, weil er dem Duell gegen nicht standhalten kann. Nach Hillary Clinton trauen die US-Demokraten keiner Frau die Kandidatur mehr zu. Also ausgerechnet progressive Parteien scheuen die Frau als Führungsfigur?infobox
Ein Comeback des Patriarchats?
Ein Problem ist, dass zu viele Frauen im demokratischen Spektrum der Mitte die ehrwürdigen Männer nicht hinter sich lassen können, sondern meinen, sie müssten da anschließen. Sie geben sich, als seien sie die rechte Hand von Männern und nicht ein Neubeginn. Wer erinnert noch das Video von Kamala Harris, als sie nach dem Wahlsieg beim Joggen in erschöpfter Euphorie ausrief: „We did it, Joe!“ Ich kann mir Le Pen und Meloni in dieser Pose nicht vorstellen. Ich möchte nicht sagen, dass diese Rechtsaußen-Frauen Vorbild sind, aber man muss sich fragen, weshalb sie sich durchsetzen können und die liberalen Frauen nicht. Es heißt unter Feministinnen oft, man wolle nicht wie jene Männer werden, die das Patriarchat versaut hat. Wie ehrenhaft! Ich habe aber auch keine Lust, deshalb morgen nur noch von Leuten regiert zu werden, die das Patriarchat wieder stärken wollen.
Was viele von uns Frauen tun, um nicht wie Machos zu werden: Wir suchen, wie Harris, die zweite Reihe, bis auch der Letzte denkt, da sei unser Platz, als Stütze für die alt werdenden Herren mit viel Erfahrung. Kürzlich fiel mir auf, wie oft ich auf Podiumsdiskussionen neben Männern im Alter von 70 sitze. Als wären die Frauen meiner Generation nur intellektuelle Bond-Girls, durch die sich die älteren Männer profilieren können.Reportage Hénin-Beaumont Fabian 17.55
Wir überlassen es der älteren Generation
Wir Frauen schwächen uns damit selbst. Und lassen die ältere Generation zurück. Emma Watson hat sich mit der Alt-Feministin Gloria Steinem verbündet; vielleicht müssten auch wir hier öfter mit Kroymann, Westermann und Heidenreich auf die Bühne gebeten werden statt mit den klugen alten Herren, die nicht loslassen wollen.
Wir Frauen schwächen uns damit selbst. Und lassen die ältere Generation zurück. Emma Watson hat sich mit der Alt-Feministin Gloria Steinem verbündet; vielleicht müssten auch wir hier öfter mit Kroymann, Westermann und Heidenreich auf die Bühne gebeten werden statt mit den klugen alten Herren, die nicht loslassen wollen.