Bei der Tour zeichnet sich für Rennstall Red Bull ab: Der erste Gesamtsieg für das deutsche Team muss wohl warten. Die Konkurrenz ist aktuell zu stark. Obendrein fällt ein wichtiger Fahrer aus.
Genüsslich schlurfte Primoz Roglic in Badelatschen und kurzärmeligem Hemd am Ruhetag der Tour de France durch ein Hotel im Norden der Stadt Orléans. Der Slowene wirkte komplett entspannt, selbst das Aus seines wichtigen Helfers Alexander Wlassow nahm er nach dem ersten Schock stoisch hin. „Es ist ein großer Verlust für unser Team“, sagte der 34-Jährige. „Aber letzten Endes können wir es nicht mehr ändern. Es ist, wie es ist“.
Wlassow war kurz zuvor mit seinem gebrochenen Knöchel abgereist. Bei einem schweren Sturz auf der Schotteretappe am Sonntag hatte er sich den Knöchel gebrochen und fehlt Roglic bei den wichtigen Etappen in den Bergen. „Wir wollen mit Primoz idealerweise die Tour gewinnen. Und es ist nicht Primoz, der sich den Fuß gebrochen hat, sondern Alex. Das Ziel bleibt das gleiche. Der Weg dahin wird viel komplizierter“, sagte Sportdirektor Rolf Aldag.
Der Radrennstall aus dem bayerischen Raubling muss schon nach neun Etappen bei der Tour feststellen, dass der Gesamtsieg bei der dreiwöchigen Landesrundfahrt wohl schlussendlich überraschend wäre. Vor der Saison hatte Red Bull Roglic unter Vertrag genommen. Das Ziel war von Beginn an klar: Der routinierte Profi soll den ersten Tour-Sieg in der Geschichte des Teams holen.
Denk: „Froh, dass wir noch im Game sind“
Doch davon ist der dreimalige Tour-Etappensieger derzeit am weitesten aus dem Kreis der fabulösen Vier um Tadej Pogacar, Jonas Vingegaard, Remco Evenepoel und ihn entfernt. Der dreimalige Vuelta-Gewinner, der 2020 knapp am Tour-Sieg gescheitert war, hat in der Gesamtwertung als Vierter einen Rückstand von 1:36 Minute auf Landsmann Pogacar, knapp eine Minute auf Zeitfahr-Weltmeister Evenepoel und 21 Sekunden auf Titelverteidiger Vingegaard. „Es ist aktuell die Realität. Es ist so wie es ist“, sagte Roglic und erinnerte dabei an das rheinische Gebot „et kütt wie et kütt“.
Sein Team-Chef wurde bezüglich des Abschneidens schon deutlicher: „Wir sind froh, dass wir noch im Game sind. Aber es wäre natürlich schön, wenn es nach vorn ein paar Sekunden weniger wären“, sagte Ralph Denk vor dem Ruhetag. „Ich würde jetzt nicht sagen, wir müssen oder sollen aufgeben. Das Podium ist auf jeden Fall möglich. Vielleicht sogar mehr.“
Dabei kommen die großen Herausforderungen in der dritten Woche mit den knallharten Bergetappen noch. Die drei anderen Gesamtwertungskandidaten hätten auf der harten Schotteretappe schon eine gute Voraussetzung schaffen können, um das Podium unter sich auszumachen. Doch schlussendlich kam Roglic zeitgleich mit der Favoritengruppe ins Ziel.
Am Dienstag steht für Roglic und Co. die zehnte Etappe an. Von Orléans geht es mehr als 187 Kilometer nach Saint-Amand-Montrond. Dort dürften sich wieder die Sprinter in Szene setzen.