Eine 17-Jährige dreht eine Runde auf Inline-Skates, als sie mit einem Messer getötet wird. Am Landgericht Verden fordert nicht nur die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft für den Angeklagten.
Eine 17-Jährige wollte am frühen Abend des 10. September 2023 noch eine Runde auf ihren Inlineskates drehen, doch sie kam nie wieder nach Hause: Im Prozess um die tödliche Messerattacke auf eine Schülerin in Barenburg (Landkreis Diepholz) hat die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten gefordert. Staatsanwältin Annette Marquardt verlangte zudem, dass die besondere Schwere der Schuld festgestellt und Sicherungsverwahrung angeordnet werde.
Damit wäre eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren Haft erschwert. Nur so könnten zukünftige Gefahren, die von ihm „ganz sicher“ zu erwarten seien, verhindert werden, sagte sie. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 43-jährigen deutschen Angeklagten vor, zunächst die Jugendliche mit mehreren Messerstichen getötet zu haben.
Drei Opfer in vier Tagen
Drei Tage später soll der Angeklagte in Sulingen (Landkreis Diepholz) eine 30-Jährige mit einem Messer schwerst verletzt haben. Kurz danach soll er mit einem Auto in der Region Hannover gezielt auf eine 18-jährige Joggerin zugefahren sein und auch diese schwerst verletzt haben. Es sei reiner Zufall, dass die beiden überlebt hätten, sagte die Staatsanwältin. Alle drei Frauen seien Zufallsopfer gewesen, die sich der Angeklagte aus Heimtücke und niederen Beweggründen wahllos ausgesucht habe, sagte die Staatsanwältin.
Der Angeklagte habe bei seinen Taten „massive kriminelle Energie“ gezeigt. Keines seiner Opfer habe mit einem Angriff gerechnet. Die beiden verletzten Opfer litten sowohl körperlich als auch psychisch heute noch unter den Taten. Das Motiv sei auch am Ende des Prozesses unklar. Marquardt sagte, der Angeklagte habe menschliches Lebens „aus Frust“ zerstört. Emotional sei er „völlig abgestumpft“. Der 43-Jährige zeigte während des Plädoyers keine Regung.
Auch Verteidigung fordert lebenslange Haft
Die Verteidigung folgte in ihrem Plädoyer in Teilen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Anwältin Daniela Post sah in der Tötung der 17-Jährigen ebenfalls einen Mord aus Heimtücke. Bei den anderen beiden Taten könne sie aber kein Mordmerkmal erkennen, sagte sie.
Die Messerattacke auf die 30-Jährige auf einem Parkplatz vor einem Fast-Food-Restaurant wertete sie als versuchten Totschlag, das Anfahren der Joggerin auf einem landwirtschaftlichen Weg als fahrlässige Körperverletzung. Sie plädierte auf eine lebenslange Freiheitsstrafe – eine besondere Schwere der Schuld verneinte Post jedoch.
Die Nebenklagevertreter versuchten mit emotionalen Worten, den Angeklagten dazu zu bewegen, sich zum Motiv zu äußern. Einer der Anwälte zerriss während seines Plädoyers die mehrseitige schriftliche Einlassung des Angeklagten. „Sie ist nichts wert“, sagte er. Darin seien keine Antworten auf das Warum zu finden. Der Angeklagte, ein Landwirtschaftsmeister, hatte während des Prozesses angegeben, sich mit der Arbeit auf dem elterlichen Hof überfordert gefühlt zu haben. An die Taten selbst könne er sich nur schemenhaft erinnern.
Das Urteil soll am kommenden Montag gesprochen werden.