Der US-Flugzeugbauer Boeing muss nach Abstürzen in den Jahren 2018 und 2019 erneut Millionen zahlen. Doch das Gericht scheint dem Hersteller noch nicht ganz zu trauen.
In dem Verfahren um die Abstürze von zwei Boeing-Maschinen mit insgesamt 346 Toten vor mehr als fünf Jahren hat der Flugzeugbauer nach eigenen Angaben einen Deal mit dem US-Justizministerium gemacht. Es sei eine „Grundsatzeinigung“ erreicht worden, erklärte Boeing am Montag. Laut den im US-Bundesstaat Texas eingereichten Gerichtsunterlagen erklärte sich der US-Konzern bereit, sich der „Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten“ bei der Zertifizierung von Flugzeugen des Typs 737 MAX schuldig zu bekennen. Damit würde Boeing weiteren Untersuchungen des Ministeriums entgehen.
Bei den Unglücken im Oktober 2018 und März 2019 waren 346 Menschen ums Leben gekommen. Boeing hatte seinerzeit eine Strafverfolgung unter anderem mit dem Versprechen vermieden, ein Compliance- und Ethik-Programm umsetzen. Auch zahlte der Konzern eine Strafe von 243,6 Millionen Dollar. Das Justizministerium kam bereits im Mai zu dem Schluss, dass Boeing gegen Auflagen des damaligen Deals verstieß. STERN PAID Flugangst 14.33
Neue Ermittlungen gegen Boeing nach Beinahe-Unglück im Januar
Ein Auslöser dafür war das Beinahe-Unglück im Januar, bei dem ein Rumpf-Fragment einer so gut wie neuen Boeing-Maschine im Steigflug herausbrach. Bei dem Zwischenfall wurde zwar niemand verletzt. Doch dazu trug auch bei, dass die Plätze neben dem Loch im Rumpf durch einen glücklichen Zufall nicht besetzt waren.
Ursache der Abstürze von 2018 und 2019 war eine Software der Flugzeuge, die Piloten unterstützen sollte, aber stärker als von ihnen erwartet in die Steuerung eingriff. Sie lenkte die Maschinen in Richtung Boden – und den Piloten der beiden Maschinen gelang es am Ende nicht, sie wieder auszurichten. Flugzeuge des Typs durften nahezu zwei Jahre nicht fliegen, bis der Fehler in der Software behoben wurde.
Boeing wurde danach in einem Strafverfahren Betrug vorgeworfen, weil Mitarbeiter des Flugzeugbauers bei der Zertifizierung des Typs durch US-Behörden spezielle Schulungen für die Software für unnötig erklärt hatten.
Laut den am späten Sonntag veröffentlichten Gerichtsunterlagen soll Boeing nach dem Schuldeingeständnis unter anderem mindestens 455 Millionen Dollar in Compliance- und Sicherheitsprogramme investieren. Auch soll eine Strafzahlung von erneut 243,6 Millionen Dollar fällig werden. Zudem soll ein unabhängiger Prüfer jedes Jahr einen Fortschrittsbericht vorlegen. Boeing erhielte eine Bewährungszeit von drei Jahren. Die Vereinbarung wird erst gültig, wenn sie vom Gericht in Texas, bei dem der Fall liegt, abgesegnet wird. Retro Vintage Fliegen Flugzeug_13.20
Hinterbliebene fordern härtere Strafen
Schon nachdem sich eine solche Wendung in den vergangenen Wochen abgezeichnet hatte, hatten Familien der Absturzopfer die Aussicht auf eine erneute Vereinbarung mit Boeing scharf kritisiert und eine Milliardenstrafe gefordert. Sie sollen ein Treffen mit dem Boeing-Verwaltungsrat bekommen. Boeing-Chef Dave Calhoun hatte sich vor einigen Wochen bei den Angehörigen entschuldigt und betont, dass der Konzern die Verantwortung für die Abstürze trage.