Jahrelang ging es um eine mögliche politische Einflussnahme auf den Steuerfall der in den „Cum-Ex“-Skandal verwickelten Warburg Bank. Nun dreht es sich im Untersuchungsausschuss um die HSH Nordbank.
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft zum „Cum-Ex“-Skandal ist beim Komplex der ehemals staatlichen HSH Nordbank in die Zeugenvernehmung eingestiegen. Geladen waren sieben Zeuginnen und Zeugen – fünf vom Finanzamt für Großunternehmen und zwei von der Staatsanwaltschaft Hamburg.
Bahnbrechende Erkenntnisse lieferten diese zunächst jedoch nicht. Ursprünglich hatte der Ausschuss nur eine mögliche politische Einflussnahme auf den Steuerfall der in den Skandal verstrickten Hamburger Warburg Bank untersucht. Auf Drängen der Opposition war er Ende 2022 auf weitere „Cum-Ex“-Fälle erweitert worden.
Die HSH Nordbank hatte sich zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. Das hatte eine Untersuchung der Wirtschaftskanzlei Clifford Chance ergeben, die von der Bank selbst beauftragt worden war. Die Fälle seien bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und 2014 schließlich rund 126 Millionen Euro an die Steuerverwaltung zurückgezahlt worden, hatte die Bank mitgeteilt.
Ende 2018 war die ehemalige Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein auf Anweisung der EU-Kommission an US-Investoren verkauft und nach der Privatisierung in Hamburg Commercial Bank (HCOB) umbenannt worden.
Staatsanwalt: Es wurde überhaupt kein Einfluss ausgeübt
Ein Beamter vom Finanzamt für Großunternehmen, der Mitte 2013 mit der Betriebsprüfung der HSH Nordbank für die Jahre 2008 bis 2011 beauftragt war, sagte, die Bank sei sehr kooperativ gewesen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass das Finanzamt die Prüfung mit relativ wenig Personal betrieben habe. „Bei einer dreistelligen Milliardenbilanzsumme sind 1,6 Vollzeitäquivalente sicher nicht ausreichend“, sagte er. Üblicherweise seien es 1,9 bis 2,0 Vollzeitstellen.
Ein Hamburger Oberstaatsanwalt betonte: „Es wurde überhaupt kein Einfluss ausgeübt auf meine Entscheidungen.“ Dass die Staatsanwaltschaft Hamburg zunächst keine eigenen Ermittlungen angestellt habe, liege daran, dass die Staatsanwaltschaft Köln damals bereits Ermittlungen aufgenommen habe und Doppelermittlungen unzulässig seien, sagte ein anderer Staatsanwalt.
Im Zuge der Zeugenvernehmungen soll Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein drittes Mal vor dem Ausschuss aussagen. Der frühere Hamburger Bürgermeister hatte bei zwei vorangegangenen Vernehmungen im Zusammenhang mit Geschäften der Warburg Bank mehrfach erklärt, sich nicht erinnern zu können, aber eine politische Einflussnahme ausschließen zu können.
Ausschuss drehte sich ursprünglich nur um die Warburg Bank
Der Ausschuss war 2020 eigentlich eingerichtet worden, um eine mögliche politische Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Hamburger Privatbank zu klären. Hintergrund waren drei Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit den Warburg-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017, die Scholz erst nach und nach bestätigt hatte. Gegen Olearius war damals bereits wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs ermittelt worden.
Nach den ersten Treffen hatte die Finanzverwaltung entgegen ursprünglicher Pläne auf die Rückforderungen von 47 Millionen Euro zu unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer gegen die Bank verzichtet – und diese nach Ansicht der an der Entscheidung Beteiligten in die Verjährung laufenlassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.
Bewertungen im PUA-Zwischenbericht liegen weit auseinander
Im Januar dieses Jahres hatte der Ausschuss seinen Zwischenbericht zum Komplex Warburg verabschiedet. Vertreter der Regierungsparteien und der Opposition kamen dabei zu konträren Bewertungen: SPD und Grüne sehen weiterhin keinen Beleg für eine politische Einflussnahme. CDU, Linke und AfD werteten dagegen Indizien als Beleg dafür, dass sowohl Scholz als auch sein damaliger Finanzsenator und späterer Nachfolger Peter Tschentscher (SPD) Einfluss genommen hätten.
Beim Komplex der HSH Nordbank möchten SPD und Grüne eine Reihe prominenter aktiver oder ehemaliger CDU-Politiker als Zeugen befragen, etwa die früheren Bürgermeister Ole von Beust und Christoph Ahlhaus, Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner, den früheren schleswig-holsteinischen Regierungschef Peter Harry Carstensen sowie den amtierenden nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). Von ihm erhoffen sich beide Parteien Informationen zum Stand der Aufklärung der „Cum-Ex“-Geschäfte bei der WestLB.
CDU: Einflussnahme wäre erst nach 2013 möglich gewesen
Aus Sicht der CDU-Opposition ist das unzulässig. Denn die „Cum-Ex“-Geschäfte der HSH Nordbank seien erst 2013 bekanntgeworden. Da seien einige der benannten Zeugen schon gar nicht mehr im Amt gewesen. Eine politische Einflussnahme hätte aber erst nach dem Bekanntwerden erfolgen können. Ob der Ausschuss seine Arbeit in dieser Legislatur abschließen kann, ist fraglich. Anfang März kommenden Jahres stehen in Hamburg Bürgerschaftswahlen an.