Wollten SPD und CDU im Saar-Landtag die AfD bei der Verteilung von Fraktionsgeldern und politischer Mitwirkung benachteiligen? Diesen Vorwurf äußern AfD-Vertreter vor dem Verfassungsgericht.
Die AfD-Fraktion im Saarland sieht sich vom Landtag benachteiligt und ist deshalb vor den Verfassungsgerichtshof des Landes gezogen. Vertreter der Fraktion und des Landtags tauschten in der Verhandlung ihre unterschiedlichen Standpunkte zu Fraktionszuschüssen und zur Besetzung eines Untersuchungsausschusses aus. Eine Entscheidung fällt erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Die AfD-Fraktion kritisiert unter anderem die in den Haushaltsgesetzen der Jahre 2023 und 2024 vom Landtag des Saarlandes verabschiedete Verteilung der Fraktionszuschüsse. Diese verletze ihre Rechte „auf gleichberechtigte Mitwirkung im parlamentarischen Betrieb“.
Nach Angaben des Gerichtspräsidenten Roland Rixecker sanken die Monatsbeträge von 46.000 auf 39.600 Euro, nachdem auf Antrag von SPD und CDU die Gewichtung der“ Zuschussbestandteile“ verändert worden waren. Konkret seien der Grundbetrag gesenkt und Oppositionsbonus und Kopfbetrag erhöht worden.
„Unwucht ausgeglichen“
Laut Raphael Schäfer (CDU) ging es darum, eine „Unwucht“ auszugleichen, die durch eine Verringerung der Zahl der Fraktionen nach der Landtagswahl 2022 entstanden sei. Nach Angaben von Rechtsanwalt Georg Hermes, der den Landtag vertritt, hatte die AfD-Fraktion dadurch 100.000 Euro zusätzlich erhalten: Ein „Segen, der ihr plötzlich in den Schoß gefallen“ sei, und der dann im Haushalt 2023 wieder weggefallen sei.
Der Anwalt der AfD-Fraktion, Peter Richter, sprach dagegen von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ und Willkür. Die Abgeordneten von CDU und SPD forderte er auf, zuzugeben, „dass es nur darum ging, der AfD Gelder wegzunehmen, weil man die AfD nicht leiden kann“.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Martina Hölzner sagte, die AfD habe die Möglichkeit gehabt, sich im Haushaltsausschuss zu der geplanten Verteilung der Mittel zu äußern oder einen Abänderungsantrag zu stellen. Dies habe sie nicht getan.
Nur fünf Sitze im Untersuchungsausschuss
Ein weiteres Verfahren richtet sich gegen den vor einem Jahr gefassten Beschluss zur Größe und Zusammensetzung des sogenannten Yeboah-Untersuchungsausschusses. Im Fokus steht ein Brandanschlag im September 1991 auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis, bei dem der Ghanaer Samuel Yeboah ums Leben kam.
Weil der Ausschuss nur mit fünf ordentlichen Mitgliedern besetzt ist, von denen drei der SPD und zwei der CDU angehören, sieht die AfD eine Verletzung ihrer Rechte. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Richter geht es bei beiden Verfahren vor dem Verfassungsgericht um Benachteiligung: einmal in finanzieller Sicht, außerdem im Hinblick auf parlamentarische Mitwirkungsmöglichkeiten. Er kenne keinen einzigen Fall, in dem eine Fraktion aus einem Untersuchungsausschuss herausgehalten worden wäre. Dies habe ein „Geschmäckle“.
Rechtsanwalt Christofer Lenz, der den Landtag in diesem zweiten Verfahren vertritt, argumentierte, die Entscheidung, den Ausschuss nur mit fünf statt sieben Mitgliedern zu besetzen, sei „verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“. Hätten in einem siebenköpfigen Ausschuss die AfD-Fraktion, die im Landtag über drei Abgeordnete verfüge, einen Sitz erhalten, und die CDU, die 19 Mitglieder hat, nur zwei Sitze, wäre das seiner Ansicht nach unverhältnismäßig.
Gericht hat großen Beratungsbedarf
Gerichtspräsident Rixecker wies darauf hin, dass Untersuchungsausschüsse Eingriffsbefugnisse gegenüber Bürgerinnen und Bürgern haben: Sie könnten sie vorladen, sie zwingen, auszusagen, und könnten Informationen einfordern, die das Persönlichkeitsrecht Einzelner beträfen. Durch eine Änderung der Sitze sei es möglich, Minderheitenkombinationen zu erhalten, die in der Lage seien, „in die Freiheitsrechte von Bürgern einzugreifen. Das ist denkbar, das muss man immer im Kopf haben“.
Die Untersuchungsausschuss-Vorsitzende Sevim Kaya-Karadag (SPD) sagte, es gebe eine „sachliche, konstruktive Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern“ im Ausschuss. Ein AfD-Abgeordneter sei als beratendes Mitglied im Ausschuss vertreten.
Nach Angaben von Präsident Rixecker hat das Gericht noch großen Beratungsbedarf. Eine Entscheidung soll in den nächsten drei Monaten schriftlich bekanntgegeben werden.