Der Bestand der kleinen Solaranlagen wächst immer schneller. Der nächste Schub durch Erleichterungen für Mieter steht bevor.
Die Zahl der Balkonkraftwerke in Deutschland wächst immer schneller – und die kleinen Solaranlagen sollen noch einen weiteren Schub bekommen. Der Bundestag beschloss, dass es für Mieter und Wohnungseigentümer einfacher werden soll, ein Balkonkraftwerk anzubringen. Nach dem gerade abgelaufenen Rekordquartal sieht Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, das als „Booster für die Solarisierung von Balkonen“. Er rechnet mit einem weiteren Nachfrageschub bei den sogenannten Steckersolargeräten.
Im zweiten Quartal gingen laut dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur so viele der kleinen Solaranlagen in Betrieb wie nie zuvor. Stand Mittwoch zeigte es mehr als 152.000 Balkonkraftwerke, die von April bis Juni in Betrieb gingen. Das ist ein gewaltiges Plus von 52 Prozent zum bisherigen Rekordhalter, dem zweiten Quartal 2023. Insgesamt verzeichnet das Marktstammdatenregister derzeit gut 563.000 Anlagen in Betrieb. Die wirklichen Zahlen dürften sogar noch höher sein, da es eine mehrwöchige Nachmeldefrist gibt und manche Anlagen schlicht nicht angemeldet werden.
Erleichterungen für Mieter und Wohnungseigentümer
Der Bundestag beschloss Änderungen im Mietrecht und im Wohnungseigentumsrecht. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Um ein Balkonkraftwerk anbringen zu dürfen, brauchen Mieterinnen und Mieter bislang die ausdrückliche Zustimmung ihres Vermieters – beziehungsweise als Wohnungseigentümer die Genehmigung der Eigentümergemeinschaft. Diese Zustimmung kann bisher ohne sachlichen Grund verweigert werden.
Nun soll die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der sogenannten privilegierten Maßnahmen aufgenommen werden. Das sind bauliche Veränderungen, die von Vermietern und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) nicht einfach blockiert werden können – etwa Umbauten für Barrierefreiheit oder Einbruchschutz. Vermieter und die WEG sollen zwar immer noch ein Mitspracherecht haben, wenn es darum geht, wie genau ein Steckersolargerät am Haus angebracht wird. Ob so eine Anlage überhaupt installiert werden darf, wäre dann aber nicht mehr grundsätzlich strittig.
BSW lobt „Recht zur Ernte von Sonnenstrom“
Die FDP-Politikerin Katharina Willkomm sagte im Bundestag, noch gebe es zu hohe rechtliche Hürden für Steckersolargeräte. „Das ändern wir heute.“ Die SPD-Abgeordnete Zanda Martens sagte, bisher sei die notwendige Zustimmung des Vermieters oft die größte Hürde, dies werde nun abgebaut.
Körnig sagte, es werde quasi ein „Recht zur Ernte von Sonnenstrom“ gesetzlich verankert. Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion sprach von einem wichtigen Schritt, der große Energieeinsparungen in den Haushalten ermögliche. Die Grünen-Energiepolitikerin Katrin Uhlig lobte, die Änderungen machten das Installieren einer Steckersolaranlage nochmals leichter. „So können noch mehr Menschen einfacher an der Energiewende teilhaben und sie aktiv mitgestalten.“
Der SPD-Abgeordnete Daniel Rinkert sieht mit den Änderungen die Energiewende in den eigenen vier Wänden gestärkt. Damit würden Mieter und Eigentümer in die Lage versetzt, selbst zu entscheiden, ob sie solche Geräte bei sich zu Hause installieren wollten.
Bereits Vereinfachungen beschlossen
Schon im abgelaufenen Quartal hatten die Balkonkraftwerke Rückenwind aus Berlin bekommen. So war zum 1. April die Registrierung der Geräte vereinfacht worden. Inzwischen reicht eine vereinfachte Anmeldung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur.
Auch ein Solarpaket ist in Kraft – es erlaubt unter anderem die Nutzung einer normalen Steckdose für die Anlagen, den vorübergehenden Einsatz alter, nicht digitaler Zähler und eine höhere Leistung von jetzt 800 Watt am Wechselrichter statt der bisher gültigen 600 Watt. Fast jeder Abbau von Bürokratie führe zu einer Belebung der Nachfrage, sagt Körnig.
Zudem dürfte der aktuelle Boom auch von günstigeren Preisen gespeist worden sein. Der BSW führe dazu zwar keine Statistik, sagt Körnig. Er gehe aber davon aus, „dass – wie bei den Modulpreisen auch – hier in den letzten Monaten Preissenkungen stattgefunden haben“. In Baumärkten waren die Balkonkraftwerke zuletzt teils für wenige Hundert Euro zu haben.
Laut RWTH Aachen in drei bis sechs Jahren rentabel
Balkonkraftwerke sind verhältnismäßig kleine Solaranlagen, die per Steckdose mit dem Haushaltsnetz verbunden werden. Sie müssen dabei nicht am namensgebenden Balkon hängen. Der von ihnen produzierte Strom senkt den Verbrauch und damit die Stromrechnung ihrer Betreiber. Überschüssiger Strom fließt dabei unentgeltlich ins öffentliche Netz. Ob sie sich lohnen, hängt neben dem Anschaffungspreis und dem Standort auch davon ab, ob die Betreiber während der Zeit, in der sie Strom erzeugen, diesen auch verbrauchen. Einer kürzlich veröffentlichten Studie der RWTH Aachen im Auftrag von Eon zufolge lohnen sie sich im Schnitt ab einer Betriebszeit von drei bis sechs Jahren.