Vor mehr als einem Jahr gingen die letzten drei deutschen Atommeiler vom Netz. Die Union verlangt seit Längerem Aufklärung zu der Entscheidung. Nun befasst sich ein Untersuchungsausschuss damit.
Ging bei den Entscheidungen zum deutschen Atomausstieg alles mit rechten Dingen zu? Um das zu prüfen, hat ein Untersuchungsausschuss des Bundestags seine Arbeit aufgenommen. Aufgabe der Mitglieder sei es, „sich mit den staatlichen Entscheidungsprozessen zur Anpassung der nationalen Energieversorgung an die durch den Krieg gegen die Ukraine veränderten Versorgungslagen zu befassen“, sagte Parlamentspräsidentin Bärbel Bas zu Beginn der ersten Ausschusssitzung am Abend.
Dabei sei zu klären, welche Informationen den Entscheidungen zugrunde gelegt wurden, und welche nationalen, ausländischen oder internationalen Stellen einbezogen wurden. „Wurde insbesondere ein längerer Weiterbetrieb der im Jahr 2022 noch laufenden Kernkraftwerke tatsächlich ergebnisoffen geprüft?“ Mit dieser Frage soll sich der Ausschuss laut Bas beschäftigen. Er nimmt die deutsche Energiepolitik seit dem 24. Februar 2022 in den Blick – dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Die Unionsfraktion hatte den Untersuchungsausschuss Mitte Juni beantragt, der Bundestag hat am Nachmittag mit den in diesem Fall ausreichenden Stimmen von Union und AfD grünes Licht gegeben.
Vorwürfe gegen Habeck und Lemke
Im Fokus der Untersuchung stehen auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne). CDU/CSU werfen ihnen vor, den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in Deutschland nicht „ergebnisoffen“ und „unvoreingenommen“ geprüft zu haben.
„Es besteht der dringende Verdacht, dass hier die Öffentlichkeit bewusst von den Ministern Habeck und Lemke getäuscht worden ist, und das wollen wir aufklären“, sagte der CDU-Politiker Stefan Heck der Deutschen Presse-Agentur unmittelbar vor der Sitzung. In dem Gremium wurde er zum Vorsitzenden gewählt. Es ist der zweite Untersuchungsausschuss der aktuellen Wahlperiode.
Lemke und Habeck weisen die Anschuldigungen von sich. Die Umweltministerin sagte der dpa, dass sie dem Ausschuss „sehr gelassen“ entgegenblicke.
Wegen der Energiekrise infolge des Krieges hatte die Bundesregierung entschieden, die letzten drei Meiler noch ein paar Monate länger laufen zu lassen als ursprünglich geplant. So verschob sich der deutsche Atomausstieg vom 31. Dezember 2022 auf den 15. April 2023. Die Dauer des Weiterbetriebs der Kraftwerke sowie die Entscheidung zum endgültigen Atomausstieg hatten sowohl in der Regierung als auch der Opposition für heftige Debatten und Streit gesorgt.