Der Supreme Court gewährt US-Präsidenten teilweise politische Immunität. Das sorgt für Kritik. Aber wie ist eigentlich die Situation in Deutschland?
Donald Trump nannte das Urteil einen „großen Sieg“: Die konservative Mehrheit am Supreme Court entschied am Montag, dass Ex-Präsidenten für offizielle Amtshandlungen während ihrer Zeit im Weißen Haus absolute Immunität vor Strafverfolgung genießen. Das höchste US-Gericht hat damit den Beginn des Wahlbetrugsprozesses gegen Donald Trump weiter verzögert. Es gilt als unwahrscheinlich, dass der Prozess in Washington noch vor der Präsidentenwahl im November beginnen wird.
Kritiker sehen in dem Urteil eine riskante Ausweitung der Macht für US-Präsidenten. Präsident Joe Biden bezeichnete die Entscheidung als „gefährlichen Präzedenzfall“. Die New York Times schrieb: „Seit Montag ist der Grundsatz, dass niemand über dem Gesetz steht, außer Kraft gesetzt.“
Kommentar zu Trumps Immunität, 2045
Die politische Immunität soll Amts- und Mandatsträger schützen. Sie ist umstritten, manche halten sie für überholt. Doch wie ist die Lage eigentlich in Deutschland?
In der Bundesrepublik ist die politische Immunität des Staatsoberhaupts – anders als in den Vereinigten Staaten – sogar in der Verfassung festgeschrieben, in den Artikeln 46 und 60 des Grundgesetzes. Der Bundespräsident kann also nicht strafrechtlich verfolgt werden – es sei denn, der Bundestag hebt auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Immunität durch einen Mehrheitsbeschluss auf.
Abgeordnete genießen politische Immunität
Zuletzt hat die Staatsanwaltschaft Hannover im Jahr 2012 gegen den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff die Aufhebung der Immunität beantragt. Ihm wurde Vorteilsnahme vorgeworfen. Wulff kam einer Entscheidung des Bundestags zuvor, indem er von seinem Amt zurücktrat – und damit die Immunität verlor. Später wurde er freigesprochen.
Auch die Abgeordneten des Bundestages und der Landtage sind vor Strafverfolgung geschützt. Die Immunität der Abgeordneten soll die Funktionsfähigkeit der Parlamente sicherstellen und verhindern, dass politische Gegner mit politisch motivierten Klagen ausgeschaltet werden können.
Der Bundeskanzler ist nicht grundsätzlich vor Strafverfolgung geschützt
Es gibt eine Ausnahme: Wird ein Politiker auf frischer Tat ertappt, kann er festgenommen werden. Und auch die politische Immunität der Parlamentarier kann aufgehoben werden. Im Fall des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke hat der Justizausschuss des Thüringer Landtags schon sieben Mal den Ermittlungen gegen Höcke zugestimmt. Zuletzt wurde er am Montag wegen der Verwendung einer verbotenen Naziparole zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Mitglieder der Bundesregierung, also der Bundeskanzler und seine Minister, genießen in Deutschland dagegen keine Immunität, jedenfalls nicht aufgrund ihrer Ämter. Da Bundeskanzler Olaf Scholz und die Minister aber zugleich Mandate im Bundestag haben, sind sie als Abgeordnete vor Strafverfolgung geschützt. Auch bei ihnen müsste man also mit einer Mehrheit im Bundestag die Immunität aufheben.