Ostsachsen gehört zu den vom Lehrermangel besonders betroffenen Regionen. Lausitzer Schulen testen jetzt ein ganz neues Modell, um die Situation zu entspannen – mit Erfolg.
Mehr als ein Dutzend junge Menschen im Lehramtsstudium sind im Mai und Juni als studentische Hilfskraft in die Praxis eingetaucht. An zwei Lausitzer Oberschulen haben die 14 im Zuge eines Modellprojekts der TU Dresden gegen Lehrermangel in Ostsachsen Ausfall- zu Lernstunden gemacht. In dem semesterbegleitenden Praktikum halfen sie Kindern in Zittau und Görlitz „lernen zu lernen“, sagte Projektleiterin Anke Langner, Professorin der TU-Fakultät Erziehungswissenschaften, der Deutschen Presse-Agentur. Die Schulen und Kommunen sorgen für Unterbringung und übernehmen Fahrtkosten. „Die Resonanz ist unglaublich.“
Die Bilanz der ersten Pilotphase ist laut Langner positiv, das Projekt wird spätestens nach den Herbstferien fortgesetzt. Die TU und das Kultusministerium unterstützen es laut Mitteilung ab dem kommenden Schuljahr finanziell, perspektivisch auch das Wissenschaftsministerium. Dann sollen über 60 studentische Lernbegleiter an mindestens fünf Schulen jeweils freitags in kleinen Gruppen gemeinsam Erfahrungen im künftigen Beruf sammeln, sagte Langner. Momentan laufe die Anwerbung, zehn aus der ersten Pilotphase machten weiter.
Regierungschef beeindruckt von Projekt
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lobte den frühen Einstieg der jungen Menschen in die Schulwelt. „Lehrer ist kein Beruf, sondern eine Berufung, es ist kein Job, sondern eine Aufgabe“, sagte er. Sie hätten eine besondere Verantwortung und seien entscheidend für die Qualität von Bildung. Die Lehrerausbildung hochzufahren, „ist ein Kraftakt, aber keine Frage des Geldes“, sondern der Menschen, die das Lehramt ausüben.
Der Osten des Freistaates gehört neben dem Erzgebirge zu den stark vom Lehrermangel betroffenen Gebieten. Im vergangenen Schuljahr konnte die Unterrichtsversorgung an den Oberschulen nach Angaben des Kultusministeriums nur zu 89,4 Prozent abgedeckt werden – das seien 2,9 Prozentpunkte weniger als im Landesdurchschnitt.
Konzept in einem von bundesweit vielen Schulversuchen erprobt
Vorbild für Langners neues Projekt, mit dem auch einem Wunsch der Studierenden nach früher Praxis entsprochen wird, ist das von ihr entwickelte Modell der Universitätsschule Dresden, das als bundesweit vielversprechend gilt. Dort werden seit 2019 wissenschaftlich begleitet neue Formen des Lehrens und Lernens erprobt. Das Konzept vereint klassische Reformansätze aus Montessori- und Freinet-Pädagogik sowie Jenaplan. In den altersübergreifenden Gruppen sammeln Lehramtsstudenten praktische Erfahrungen, als Assistenten der Lernbegleiter – wie die Lehrer dort heißen.
Auch in den Pilotprojektschulen unterrichten sie nicht, sondern unterstützen Kinder beim selbstständigen Lernen oder im Lernprozess, sagte Langner. Sie seien je für maximal sieben Kinder zuständig, üben mit ihnen verstehendes Lesen oder Englisch und können sich dabei mit Kommilitonen austauschen. Zudem helfen Fachlehrer im Ruhestand – etwa in Mathematik.