Ismail Kadare galt als bedeutendster Chronist der albanischen Vergangenheit und Gegenwart. Nun ist der französisch-albanische Schriftsteller im Alter von 88 Jahren gestorben.
Paris (dpa) – Der französisch-albanische Schriftsteller Ismail Kadare ist tot. Er ist im Alter von 88 Jahren in einem Krankenhaus in Tirana gestorben, wie sein französischer Verlag bestätigte. Er galt als einer der prominentesten zeitgenössischen Autoren albanischer Sprache.
Kadare hat über 50 Werke veröffentlicht, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden. In Deutschland wurde der kleine, bescheiden und grazil wirkende Schriftsteller unter anderem durch seine Bücher „Die Festung“, „November einer Hauptstadt“ und „Der Schandkasten“ bekannt.
Seine Romane handeln von den Mythen, der Identität und der Geschichte eines Landes und eines Volkes, zu dessen Chronist er sich erkoren hatte. In seinen Veröffentlichungen warnt er vor Fremdherrschaft und beschreibt die Gefahren vor einem auf Selbsterhalt ausgelegten „Überstaat“. Sein zentrales Thema: Das Leben unter einer Diktatur, das ihm in über Jahre hinweg Publikationsverbote eingebracht hatte.
Im Kreuzfeuer der Kritik
Kadare ist in der Nacht zum 28. Januar 1936 im südalbanischen Gjirokastra geboren worden. Über den exakten Geburtstag 27. oder 28. sind sich die Biografien uneins. Er studierte in Tirana, dann am Moskauer Gorki-Institut. Seinen Durchbruch schaffte er 1964 mit dem Roman „Der General der toten Armee“, der in Frankreich mit Marcello Mastroianni und Michel Piccoli verfilmt wurde.
Kadares politische Rolle in Albanien war nicht immer unumstritten. Im Kreuzfeuer der Kritik stand seine Unterstützung des kommunistischen Systems unter dem Diktator Enver Hodscha, der von 1944 bis 1985 die Sozialistische Volksrepublik Albanien regierte. Dass er 1990 nach Frankreich floh, als das Regime des Hodscha-Nachfolgers Ramiz Alija Reisefreiheit und Demokratisierung versprach, erschien vielen unlogisch. Er lebte in Paris und Tirana, der Hauptstadt Albaniens.