EM 2024: Hammerpartie gegen Spanien: Diese Spieler muss das deutsche Team ausschalten

Im Viertelfinale der EM 2024 wartet auf das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann der erste richtig schwere Brocken. Doch die „Furia Roja“ ist bezwingbar – wenn man diesen Spielern den Abend versaut. 

Ein „Kracher“, der „erste große Härtetest“, „vorgezogenes Finale“ – vor dem Viertelfinale gegen Spanien am kommenden Freitag verneigt sich Fußball-Deutschland vor der „Furia Roja“, der „roten Furie“ in demütigem Respekt. Aber sind die Spanier wirklich unschlagbar? Und wie könnte man sie knacken? 

Bisher hat Spaniens EM-Team bei jedem Spiel überzeugt, vor allem das 1:0 gegen Italien in der Vorrunde war eine Gala-Vorstellung, eine Demonstration des modernen Fußballs, bei dem nicht mehr wie früher nur Ballgeschiebe im Tiki-Taka-Stil dem Gegner die Luft abschnürte, sondern auch immer wieder blitzschnelle Konter und überfallartige Angriffe über die Flügel für Überraschungsmomente sorgten. Nach schwierigem Start drehte die spanische Passmaschine im Achtelfinale in der zweiten Halbzeit auch gegen Außenseiter Georgien ordentlich auf. Im gut eingespielten Kollektiv von Trainer Luiz de la Fuente ragen mehrere Individualisten heraus. Nur, wenn es dem Team von Julian Nagelsmann gelingt, diese Schlüsselspieler auszuschalten, hat es im Viertelfinale eine Chance.

Rodri, 28 

Herz und Hirn der „Furia Roja“: Rodri bestimmt im hinteren Mittelfeld den spanischen Spielrhythmus
© Marvin Ibo Güngör

Voller Name: Rodrigo Hernández Cascante – auch „Rodrigo“ genannt. Die Spanier lieben es, ihren Fußballhelden Künstlernamen zu geben, was in diesem Fall auch voll gerechtfertigt ist. Rodri fungiert als Gehirn und Schaltzentrale des spanischen Spiels. Spielt im hinteren Mittelfeld vor der Abwehr und verteilt von dort als Taktgeber und Kreativkopf die Bälle – so wie er es bei Manchester City unter dem Guru des Ballbesitz-Fußballs tut, Pep Guardiola. Der 1,90-Meter-Mann gilt als Anti-Star und zurückgenommener Fußball-Philosoph. Keine Tattoos, kein Twitter – stattdessen fand er neben seiner Profi-Karriere sogar noch Zeit für einen Universitätsabschluss (Betriebswirtschaft und Management). 

EM 2024: Das sind die Topstars der Spanier

Wer die spanische Passmaschine zum Stottern bringen will, muss diesen Mann aus dem Spiel nehmen. Aggressives Anlaufen, also Ball-Abjagen schon in der eigenen Hälfte, mag der Feingeist gar nicht. Das Problem: Selbst unter Bedrängnis findet er oft noch den richtigen Passweg – manchmal sogar den fatalen in die Schnittstellen der gegnerischen Abwehr. Das Duell zwischen Rodri und Toni Kroos, dem Strategen im deutschen hinteren Mittelfeld, wird vermutlich mit über den Ausgang des deutsch-spanischen Gipfeltreffens in Stuttgart entscheiden.

Nico Williams, 21

Linker Teil der gefürchteten spanischen Flügelzange: Nico Williams (rechts), mit seinen High-Speed-Dribblings eine Herausforderung für jede Abwehrkette
© Vitalii Kliuiev

Sohn einer liberianischen Mutter und eines ghanaischen Vaters – und zusammen mit Lamine Yamal der linke Teil der gefürchteten spanischen Flügelzange. Die UEFA misst bei seinen Spurts eine imposante Spitzengeschwindigkeit von 34,7 Kilometern pro Stunde. Dazu kommt noch: Der Ball ist sein Freund. Er klebt fast am Fuß des Flügelstürmers, sein Tor zum 3:1 gegen Georgien war eine Demonstration. Nach dem Spurt ein kurzer Kontrollblick auf den Torhüter, dann donnerte er die Kugel so lustvoll wie präzise hoch unter die Latte. 

Auf Deutschlands Rechtsverteidiger Joshua Kimmich dürfte Schwerstarbeit zukommen. Wenn Williams erst mal Tempo aufgenommen hat, ist er praktisch nicht mehr zu verteidigen, außer durch Fouls. Wer zu oft zu diesem Mittel greift, ist bei dieser EM allerdings schnell rot-gefährdet. Die gute alte deutsche Grätsche, die dank Antonio Rüdiger bei diesem Turnier eine ungeahnte Renaissance erlebt, kommt ebenfalls nicht infrage – wer erst mal am Boden liegt, sieht Williams schnell am Horizont verschwinden. Also: auf den Füßen bleiben, schon bei der Ballannahme stören und doppeln – Kimmich wird bei seiner fast unlösbaren Aufgabe regelmäßig Unterstützung eines zweiten Abwehrkollegen brauchen.

Lamine Yamal, 16

„Wunderkind“, „“roher Diamant“ oder gar: „der neue Pelé“? Der 16 Jahre alte Lamine Yamal (rechts) gilt als größtes Talent des spanischen Fußballs seit Jahren
© AFLOSPORT

Das Wunderkind des spanischen Fußballs – auch bei ihm profitierte die spanische Ballkultur erheblich von der Migration aus Afrika. Der Vater stammt aus Marokko, die Mutter aus Äquatorialguinea. Gerade hat der französische Meister Paris Saint-German 250 Millionen Euro geboten für das jugendliche Hyper-Talent. Yamal ist ein Eigengewächs des FC Barcelona und hat dort die spanische Fußballphilosophie auf der berühmten Nachwuchsakademie „La Masia“ verinnerlicht. Kleine Mannschaften, kleine Tore, Technik, Technik und nochmal Technik – so wird dort gespielt. Athletik und Kraft können später immer noch draufgesattelt werden. 
Yamal, Porträt 1600

Wie sein Kollege auf dem linken Flügel kann Yamal auf der rechten Seite mit Tempodribblings bei ganzen Abwehrreihen wahre Schwindelanfälle auslösen. Und wie Williams kann er mit tiefen Pässen „steil“ geschickt werden – oder aber den Ball „in den Fuß“ bekommen, um dann mit der Kugel zusammen so richtig aufzudrehen. Yamal ist allerdings etwas weniger athletisch als Williams und auch nicht ganz so torgefährlich. Die Gegenmittel sind aber die gleichen: Stören schon im Zuspiel, grätschend zu Boden gehen tunlichst vermeiden und: immer schön doppeln. Das Problem: Doppelt man sowohl Williams als auch Yamal, sind schon vier deutsche Spieler gebunden – nur, um die beiden Burschen auf dem spanischen Flügeln im Zaun zu halten. 

Marc Cucurella, 25

Einer von der wilden Sorte: Marc Cucurella beeindruckt nicht nur mit wehender Haarpracht, sondern auch mit gefährlichen Sturmläufen über links. Dabei ist er im Hauptberuf eigentlich Verteidiger.
© AFLOSPORT

Nicht nur wegen seiner Haarpracht, die an die zwischenzeitliche Frisurmode argentinischer Nationalspieler erinnert, ist dieser Mann einer der auffälligsten im Team. Bei seinem Heimatverein FC Chelsea ist er durchaus umstritten: Er gilt dort als gewisses Sicherheitsrisiko, weil er sich nur ungern in ein taktisches Korsett pressen lässt (schlecht) und zuweilen seine Hausaufgaben als linker Verteidiger vernachlässigt (ganz schlecht). Aber er spielt eine gute EM und sorgt im spanischen Spiel für eine Extraportion Gefahr. Fast alle Angriffe leiten die Spanier über die linke Seite ein, wo Cucurella mit dem Tempo-Stürmer Williams ein kongeniales Duo bildet. 

Marc Cucurella ist beim FC Chelsea nicht unumstritten

Mit schnellen Doppelpass-Stafetten überbrücken sie gemeinsam das Mittelfeld, Cucurella kann mit seiner Dribbelstärke auch allein gegnerische Spieler binden und so Räume öffnen, in die er dann Williams mit langen Bällen schickt. Der Mann bringt also einen Schuss Unberechenbarkeit und Anarchie ins spanische Spiel – „völlig losgelöst“ in der spanischen Version. 

All das bietet aber auch Chancen: Während sich Cucurella vorne austobt, tun sich in seinem Rücken ungeahnte Räume auf, die beispielsweise ein Jamal Musiala oder ein Leroy Sané für Deutschland nutzen können. Eine andere Variante wäre es, den guten Mann dort hinten tief in der spanischen Hälfte permanent zu beschäftigen, sodass er für Angriffsaktionen ausfällt – zumal seine Zweikampfstärke durchaus Grenzen kennt. Ein Linksverteidiger, der eigentlich gerne Linksaußen geworden wäre, kann auch ein Schwachpunkt sein.