Die Landeskirche Hannover beteiligt sich an einer Studie zur Aufklärung der Missbrauchsfälle in ihren Reihen. Ein Betroffener kritisiert, dass viele Opfer noch gar nicht erfasst sind.
Die evangelische Landeskirche Hannover hat nach einem Hinweis die Zahl der von sexualisierter Gewalt Betroffenen nach oben korrigiert. Bislang habe die Landeskirche von mindestens 140 betroffenen Personen gesprochen. Nach der Kritik eines Mannes, der 2002 als damals 15-Jähriger Anzeige gegen einen Diakon erstattet hatte, seien weitere Personen ausfindig gemacht worden, so dass inzwischen von mindestens rund 190 betroffenen Menschen ausgegangen werden müsse, teilte ein Sprecher der Landeskirche in Hannover mit.
Nach Veröffentlichung der Forum-Studie zur sexualisierten Gewalt in der evangelischen Kirche habe der Betroffene Akteneinsicht in die Unterlagen beantragt, die die Landeskirche für die Studie zur Verfügung gestellt hatte. Unter anderem habe er kritisiert, dass sich die Zahl der Betroffenen, die ebenfalls Opfer des Diakons geworden waren, nicht in der veröffentlichten Gesamtzahl wiederfinde.
Gesamtzahl bleibt unklar
Neben dem Anzeigeerstatter hätten noch 44 weitere Betroffene in den Kirchengemeinden Großburgwedel und Nordholz sexualisierte Gewalt erfahren, hieß es. Der Diakon wurde seinerzeit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Landeskirche habe daraufhin weitere Personen an den Forschungsverbund der Studie übermittelt. Dabei handele es sich um ihr bekannte betroffene aktenkundige Personen sowie Menschen, die eine Anerkennungsleistung für erlittenes Unrecht beantragt hatten. Es sei auch die Anzahl derjenigen Personen übermittelt worden, zu denen die Landeskirche keine ausreichenden Informationen gehabt habe.
Es gelte weiterhin, dass es sich nicht um eine exakte Gesamtzahl handele, sondern dass es wesentlich mehr betroffene Personen gibt als diejenigen, die der Landeskirche direkt, durch Dritte oder aus anderen Quellen bekannt seien, hieß es.
Der betroffene Mann, der 2002 Anzeige erstattet hatte, übte Kritik an der Kirche. Er habe seit 2002 oft erfolglos die Landeskirche auf kritische Punkte hingewiesen. „Dass nun diese Anregung von mir und anderen betroffenen Personen aufgenommen wurde, ist für mich noch kein Beleg für ein Umdenken in der Landeskirche“, sagte er. Die Landeskirche müsse noch sehr viel machen. Für eine Bewertung sei es noch zu früh.