Schon einmal ist Thüringens AfD-Chef Höcke wegen eines Nazi-Spruchs verurteilt worden. Jetzt steht ein zweites Urteil bevor.
Im Prozess um eine verbotene Nazi-Parole fordert die Staatsanwaltschaft für den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke eine Bewährungsstrafe und eine Geldauflage. Sie beantragte acht Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle. Zudem solle Höcke 10 000 Euro an eine gemeinnützige Vereinigung wie etwa die KZ-Gedenkstätte Buchenwald zahlen, sagte Staatsanwalt Benedikt Bernzen in seinem Plädoyer am Landgericht Halle. Die Verteidiger sowie Höcke selbst forderten einen Freispruch. Die Urteilsverkündung ist für den Nachmittag geplant.
„Herr Höcke hat die Rede nur als Vorwand genutzt, um die Parole erneut zu verbreiten“, so Bernzen weiter. Der Politiker habe gewusst, dass die Rede anschließend im Internet Verbreitung finden würde. Bernzen forderte eine Verurteilung wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Zudem solle das Gericht anordnen, dass Höcke zwei Jahre keine öffentlichen Ämter bekleiden dürfe.
Höcke hatte bei einem AfD-Stammtisch im thüringischen Gera die ersten beiden Worte des Nazi-Spruchs „Alles für Deutschland“ ausgesprochen, das Publikum vervollständigte die Parole. Er habe gewusst, dass das Publikum das dritte Wort aussprechen würde, habe dazu eine „geradezu einladende Armbewegung“ gemacht, sagte Bernzen. Der Spruch wurde einst von der Sturmabteilung (SA) verwendet, der paramilitärischen Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP.
Die Stammtisch-Teilnehmer hätten um die Bedeutung gewusst. Anschließend sei in dem Video von der Rede im thüringischen Gera ein „zustimmendes Nicken, süffisantes Lächeln“ Höckes zu sehen gewesen, keine Überraschung über die Reaktion des Publikums.
Verteidiger: „ungewollter Zuruf“ des Publikums
Der Verteidiger Florian Gempe betonte, Höcke habe an der bestimmten Stelle abgebrochen und die Formel gerade nicht ausgesprochen, um eine Strafbarkeit zu vermeiden. Er sprach von einem „ungewollten Zuruf“ des Publikums.
Außerdem seien die Handbewegungen Höckes mehrdeutig. Gempe sagte, als Politiker gebrauche man in freier Rede seine Hände, auch spontan. Der Verteidiger kritisierte, dass kein Gutachter gehört wurde. Dabei hatte das Gericht das selbst zunächst gewollt. Einem Historiker war abgesagt worden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er sich negativ über die AfD geäußert hatte.
Der Verteidiger bestritt, dass „Alles für Deutschland“ eine zentrale Losung der SA gewesen ist. „Es gibt kein Werk, welches die Losung „Alles für Deutschland“ der SA zuschreibt.“ Gempe sagte zu Höckes Rede beim Stammtisch in Gera: „In der vorliegenden Äußerung gibt es keinen einzigen Bezug zur SA oder zum Nationalsozialismus.“
Höcke selbst sagte im letzten Wort des Angeklagten: „Ich bin unschuldig und bitte um Freispruch.“ Er beklagte, er sehe sich in seiner Meinungsfreiheit beschränkt. Er habe keine Straftat begehen wollen. „“Alles für Deutschland“ war nicht die zentrale Losung der SA.“ Notfalls wolle er bis zum Europäischen Gerichtshof gehen.
Erstes Urteil fiel im Mai
Wegen desselben Spruchs war Höcke am 14. Mai bereits zu einer Geldstrafe von insgesamt 13 000 Euro verurteilt worden. Er hatte die Parole im Mai 2021 bei einer Wahlkampfveranstaltung im sachsen-anhaltischen Merseburg genutzt. Rechtskräftig ist die Entscheidung nicht, denn Höcke legte Revision ein.
Für Höcke ist der zweite Prozess in Halle noch nicht der letzte. Das Landgericht Mühlhausen in Thüringen hat eine Anklage gegen den Politiker wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Es geht um einen Telegram-Post von Höcke aus dem Jahr 2022 zu einer Gewalttat in Ludwigshafen und das angebliche Verhalten vieler Einwanderer. Verhandlungstermine stehen noch nicht fest.Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September will der frühere Geschichtslehrer als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Seine Partei wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.