Ein Fußballabend, der wetterbedingt in die Verlängerung musste – keine leichten Voraussetzungen, auf und neben dem Platz. Am Schluss gab es sogar Fanchöre für die Experten.
Flitzerunterbrechungen, umgefallene Tore oder eben Wolkenbrüche, es gibt so einige Eventualfälle, die das Spiel in die Länge ziehen können. Gestern jedenfalls zeigte der Wettergott eindrucksvoll, dass ihm ein so weltbewegendes Ereignis wie das EM-Achtelfinale in Dortmund ziemlich wurscht ist. Völlig durchgenässt statt völlig losgelöst, das Motto in der ersten Halbzeit des Spiels Deutschland gegen Dänemark.
Schon im Vorfeld war klar, dass dies ein besonderer Kick werden würde, das Mantra in der Berichterstattung: Gewinnt Deutschland, wird das der erste K.o.-Spiel-Sieg seit acht Jahren, das muss man sich mal vorstellen. Christoph Kramer versuchte später noch, dieser ominösen Zahl die Schwere zu nehmen, in dem er anmerkte, es würde sich krasser anhören, als es ist. Ganz überzeugend klang er dabei nicht, dennoch war bei den ZDF-Experten Optimismus angesagt, Mertesacker hatte ein 2:1, Kramer gar ein 3:0 getippt. In der EM-Arena war Fritzy Kromp bei Jochen Breyer zu Gast. Auch die witterte ein 2:1, wenngleich mit einer möglichen Verlängerung.Deutschland Dänemark Einzelkritik FS
Wetterunterbrechung in Dortmund
Dass alle Beteiligten eine Verlängerung der besonderen Art würden einlegen müssen, war da bereits erahnbar, wenn man denn den Wetterbericht genau studiert hatte. Ab der 35. Minute schüttete es jedoch für alt und für neu, sodass das Spiel unterbrochen werden musste. Katrin Müller-Hohenstein und ihrer Boygroup fiel aufgrund der „Niagarafälle“ also die Aufgabe zu, mit spontanem Talk zu überbrücken. Wirklich Gewichtiges wurde da nicht zutage gefördert. Da wurde von den Dänen geschwärmt, so „ein sympathisches Volk“, generell die Skandinavier, „ein fröhliches Volk aus dem Norden“, alle so nett, überhaupt alle Teilnehmerländer sind ja dermaßen sympathisch. In Schottland wird man sich bei diesen Worten wohl mit einer Träne im Auge zugeprostet haben.
Mit Kommentator Oliver Schmidt waren zu diesem Zeitpunkt bereits die Pferde durchgegangen. Der Mann am Mikro ordnete das vermeintliche 1:0 im Überschwang der Gefühle Niclas Füllkrug zu. Der stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal auf dem Platz. Tatsächlich hatte Schlotterbeck genetzt, der Schiri jedoch etwas dagegen, ein Foul von Kimmich im Eckball-Gerangel machte dem Jubel den Garaus.
Sonst aber hatte Schmidt den schwierigen Wetterbedingungen zum Trotz eine klare Sicht auf Dinge. Mahnte bei eigenwilligen Abseitsentscheidungen schon mal an, warum man „die armen Kerle bis zum Schluss laufen lassen muss“. Schwärmte von den „frischen Beinen auf dem Gewittergeläuf“ und gab seinem persönlichen Euphorie-Zossen angesichts der „VARrückten Minuten“ (Jochen Breyer) rund um die (diesmal gegebene) 1:0-Führung der Deutschen spontan die Sporen: „Der beste Wahnsinn des Abends.“Achtelfinale 29.6.24 0830
Mann auf dem Stadiondach
In der Tat ein rundum „wahnsinniger“ Abend, auch weil später die Nachricht durchsickerte, dass das SEK ebenfalls eine Extraschicht einlegen musste – ein Mann war aufs Stadiondacht geklettert. Selbiges hob am Ende vom imposanten Jubel beinah ab, sogar die Experten wurden weit nach Schlusspfiff noch besungen. Christoph Kramer als „bester Mann“, Per Mertesacker mit „Eistonne“-Chören, beide zusammen als „Weltmeister“. Nagelsmann wurde schließlich gefordert und nach Erscheinen zum Interview so lautstark besungen, dass die Tonregie einiges nachzuregeln hatte.
Das passende Ende einer langen Fußballnacht, die Fritzy Kromp zum Abschluss noch mit einigen Details über die IVs und die AVs würzte – Trainer*innen-Deutsch für Innenverteidigung und Außenverteidigung. Und viel Verständnis für den dänischen Coach Kasper Hjulmand zeigte, der im Interview nach dem Match mit den Millimeter-Entscheidungen aus dem Schiedsrichterkeller haderte. Wie gesagt: Es war ein VARrückter Fußballabend.
Im Viertelfinale wartet der Sieger aus dem Spiel Georgien gegen Spanien. Fritzy Kromp hatte eine klare Vorstellung davon, wer ihr als Gegner am liebsten wäre: „Ins Halbfinale kommen und Spanien aus dem Weg geräumt zu haben, das klingt doch einfach gut“. In der Tat, das tut es. Am Abend sind wir schlauer, zumindest was den Gegner angeht. Mal schauen, was der Wettergott sich wieder hat einfallen lassen.