Saar-Ministerpräsidentin Rehlinger nennt das Pfingst-Hochwasser ein „Katastrophenereignis mit historischem Ausmaß“. Dort und in der Südwestpfalz entspannt sich die Lage, anderswo droht Starkregen.
Durchatmen hier, angespanntes Warten dort: Während sich im Saarland und im Südwesten von Rheinland-Pfalz die Hochwasserlage etwas entspannt, Aufräumarbeiten laufen und Hilfen auf den Weg gebracht werden, gehen die Blicke nun in Richtung anderer Regionen. Im Norden und Nordosten von Rheinland-Pfalz seien Niederschlagsmengen von bis zu 25 Litern pro Quadratmeter binnen kurzer Zeit möglich, warnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach am Dienstagnachmittag. Vereinzelt seien auch bis zu 80 Liter nicht ausgeschlossen. In der Nacht zum Mittwoch sollen die Niederschläge dann nordwärts abziehen.
In Koblenz etwa, wo die Mosel am Deutschen Eck in den Rhein mündet, wird zunächst abgewartet, wie sich das Wetter tatsächlich entwickelt. Alle nötigen Maßnahmen seien getroffen, sagte ein Sprecher der Koblenzer Feuerwehr, am Rhein etwa seien die Hochwasser-Schutzanlagen errichtet und könnten bei Bedarf erweitert werden.
Saar-Innenminister gibt Entwarnung
Im Saarland gab Innenminister Reinhold Jost (SPD) am Dienstag Entwarnung. Nach neuesten Informationen könne „das Wettergeschehen herabgestuft“ werden, sagte er in der Staatskanzlei in Saarbrücken. Es sei jetzt nur noch „mit einem mäßigen Hochwassergeschehen“ zu rechnen. „Das ist, wie ich finde, eine gute Nachricht“, sagte er. Dennoch seien alle Einsatzkräfte in Reserve. „Wir sind gerüstet“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. „Im Moment sieht es sehr ruhig, sehr übersichtlich und entspannt aus.“
Auch im Südwesten von Rheinland-Pfalz war am Dienstag zunächst von einer einigermaßen entspannten Lage die Rede. Die Koordinierungsstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sei zwar seit dem frühen Morgen besetzt und auf die Unterstützung von Kreisen und Städten vorbereitet, sagte ADD-Sprecher Timm Kauhausen. Diese Unterstützung sei bis zum Dienstagnachmittag nicht angefordert worden.
Am Pfingstwochenende hatten vor allem im Saarland und im rheinland-pfälzischen Südwesten enorme Regenmengen für Überflutungen, Erdrutsche und vollgelaufene Straßen und Keller gesorgt. Im Saarland starb eine 67-Jährige infolge eines Hochwasser-Rettungseinsatzes. Laut Saar-Innenminister Jost starb ein Mitglied des Deutschen Roten Kreuzes aus dem Kreisverband Merzig nach einem Rettungseinsatz an einem Herzversagen.
Helfer aus anderen Regionen packen mit an
Auch Helfer aus anderen Teilen Deutschlands packen in betroffenen Regionen mit an. So schickte das Technische Hilfswerk (THW) mehr als 40 Helferinnen und Helfer aus dem Landesverband Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt in die Hochwassergebiete. Mehrere Fachgruppen machten sich in der Nacht zu Dienstag mit 13 Fahrzeugen auf den Weg Richtung eines Truppenübungsplatzes in Rheinland-Pfalz, weitere Gruppen seien in erhöhte Bereitschaft versetzt worden, um bei Bedarf bei Pumparbeiten zu unterstützen. Den Angaben zufolge sind rund 1000 Einsatzkräfte aus den acht Landesverbänden in den Hochwassergebieten an Saar, Mosel und Rhein im Einsatz.
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sagte, das Hochwasser sei nach dem Jahrhunderthochwasser 1993 „ein wirkliches Katastrophenereignis mit historischem Ausmaß“ gewesen. Es gebe keinen Landkreis, der nicht betroffen gewesen sei. Mehr als 4000 Einsätze stünden in der Bilanz. Für ein vollständiges Schadensbild sei es noch zu früh. Die Landesregierung stelle bereits jetzt schon finanzielle Unterstützungen in Aussicht. Wie diese genau erfolgten, werde mit den Kommunen noch final erarbeitet. „Bis Ende der Woche sagen wir, wie der Weg dazu sein wird und wo man die Anträge stellen kann“, sagte sie.
Die Höhe der von Dauerregen und Unwetter verursachten Schäden im Saarland und in Rheinland-Pfalz kann frühestens in einigen Tagen abgeschätzt werden. Das Wasser müsse zunächst ganz abgeflossen sein, bevor die Schäden überhaupt begutachtet werden könnten, hieß es beim Gesamtverband der Versicherer (GDV) in Berlin.
Erste Einzelheiten zu Finanzhilfen für Betroffene im Saarland
In Rheinland-Pfalz haben laut GDV 46 Prozent und im Saarland 47 Prozent eine Versicherung über den Schutz gegen Elementarrisiken wie Starkregen und Hochwasser abgeschlossen. Im Bundesdurchschnitt seien 54 Prozent gegen alle Naturgefahren versichert.
Rehlinger stellte am Dienstag nach einer außerordentlichen Sitzung des saarländischen Kabinetts mit Vertretern von Landkreistag und Städte- und Gemeindetag erste Einzelheiten zu Hilfen für betroffene Bürger vor. Bestehende Richtlinien seien so verändert worden, dass die Unterstützung für einen größeren Kreis infrage komme, einfacher zugänglich sei und eine „größere Breitenwirksamkeit“ erzielt werde. Rehlinger zufolge soll auf „extrem komplizierte Bedürftigkeitsprüfungen“ zur Einkommenssituation verzichtet werden.
Der Vorsitzende des Landkreistages, Udo Recktenwald (CDU), sagte, es sei wichtig, dass Betroffene nicht Wochen und Monate warten müssten, sondern schnell eine Soforthilfe erhalten, „die zunächst einmal über die ersten Schäden hinweghilft“. Laut Landesregierung will das saarländische Kabinett im Laufe der Woche die Richtlinien beschließen, sobald das Antragsverfahren mit der kommunalen Familie abgestimmt sei. Anträge sollen dann voraussichtlich noch im Laufe der Woche möglich sein. Sie müssen an die betroffene Kommune gestellt werden und werden dann gemeinsam mit dem Landkreis abgewickelt.
Es soll im Saarland außerdem steuerliche Erleichterungen für betroffene Haushalte und Gewerbetreibende geben, ein entsprechender Erlass wurde nach Angaben des Finanzministeriums am Dienstag auf den Weg gebracht. „Wir ergänzen damit die heute beschlossenen Finanzhilfen des Landes und der kommunalen Ebene im Rahmen der Hochwasserhilfe und der Elementarschäden-Richtlinie“, erklärte Finanzminister Jakob von Weizsäcker (SPD) am Dienstag. Das Bündel an Maßnahmen reiche von Steuerstundungen und Zahlungserleichterungen bis hin zu vereinfachten Spendennachweisen und der steuerlichen Absetzbarkeit von Ersatzbeschaffungen.
Zugverkehr stark beeinträchtigt
Stark beeinträchtigt war infolge des Hochwassers nach wie vor der Zugverkehr auf der Strecke entlang der Saar. Wegen Schäden fallen voraussichtlich bis Freitag die Regionalzüge zwischen Trier und Saarbrücken aus, wie die Deutsche Bahn am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Es gebe einen Ersatzverkehr mit Bussen zwischen den beiden Städten – ohne Zwischenhalt. Zudem fahren laut Bahn keine Züge zwischen Saarburg (Kreis Trier-Saarburg) in Rheinland-Pfalz und Merzig im Saarland. Auch auf dieser Strecke sei ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Die Regionalbahnen verkehren demnach nur zwischen Trier und Saarburg sowie zwischen Merzig und Saarbrücken.
Rehlinger machte sich am Dienstag auch noch ein Bild von der Lage jenseits der französischen Grenze und besuchte die Kleinstadt Bouzonville in der Region Grand Est. Nach einer Mitteilung der Staatskanzlei sagte sie: „Unwetter kennen keine Grenzen. Wir sehen im Nachbarland ähnliche Bilder wie in den Städten und Gemeinden im Saarland: große Verwüstung, aber auch große Solidarität und Hilfsbereitschaft bei den Aufräumarbeiten.“
Warnlagebericht des DWD