Zwölf EM-Spiele zeigt RTL exklusiv im Free-TV, in Kooperation mit Magenta TV. Der stern-Check nach der Vorrunde zeigt: Ein altbekannter Experte weiß zu überzeugen – und das Studiopublikum gerät manchmal in unangenehme Situationen.
Bei der Fußball-EM arbeiten RTL und Magenta TV eng zusammen. Die Telekom hat sich die Rechte für alle 51 Spiele der Europameisterschaft gesichert. ARD und ZDF zeigen parallel 34 Partien, zwölf Spiele laufen exklusiv bei RTL im Free-TV – unter anderem das erste Achtelfinale zwischen der Schweiz und Italien am Samstag um 18 Uhr.
Der Streamingdienst der Telekom und der Privatsender aus Köln haben für das Turnier eine Kooperation vereinbart und senden aus einem gemeinsamen Studio. So sind teilweise auch Magenta-Übertragungen im RTL-Programm zu sehen. Aber wie schlagen sich RTL und Magenta bei der Europameisterschaft im eigenen Land? Wir haben uns das Team im stern-Check angeschaut.
Die Moderatoren
RTL und Magenta setzen bei der Moderation auf viel Erfahrung. Florian König und Johannes B. Kerner haben schon große Spiele und Turniere begleitet. Erfahrung braucht es mitunter aber auch, um die diskussionsfreudige und immer wieder wechselnd besetzte Gruppe von Expertinnen und Experten im Griff zu behalten, ihr gleichzeitig aber auch genügend Freiraum zu geben. RTL-König (auch bekannt aus dem „Doppelpass“ bei Sport1) legt mehr Wert auf Sachlichkeit, Magenta-Kerner freut sich auch mal darüber, wie „süß“ Cristiano Ronaldo mit Einlaufkindern umgeht.
Ein echter Gewinn aber ist Laura Wontorra. Die 35-Jährige bietet nämlich das Komplettpaket: Charme im Umgang mit Zuschauern und Gästen, Fachkompetenz und zur richtigen Zeit auch mal deutliche Worte. Ihr Spruch nach einem Einspieler mit dem knapp bekleideten Model Ivana Knöll („Wir würden jetzt einfach mal versuchen, mit ein bisschen Expertise um die Ecke zu kommen“) schlug früh im Turnier Wellen. Die Kritik, die sie danach von Knöll und ihren Fans auf Social Media bekam, spricht aber eher für Wontorra.
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Nicht allzu prominent auf Sendung, aber definitiv lobend zu erwähnen ist Jan Henkel – der Mann für die Fußball-Puristen. Mithilfe des „Scouting-Feed“ zeigt er am Taktikbildschirm, wie und warum das passiert ist, was die Zuschauer während des Spiels gesehen haben. Das erinnert an die goldenen Zeiten von Henkel und Matthias Sammer bei Eurosport – ein ungeheurer Mehrwert für alle, die sich wirklich für das Spiel und nicht nur Ergebnis und Tore interessieren. Zum Beispiel, wenn Henkel beim Eröffnungsspiel sich eingehend der Schusstechnik von Jamal Musiala widmet.
Moderationskollegin Jana Wosnitza sorgte derweil für einen der unangenehmeren Momente: Sie animierte das Publikum im Studio dazu, zum niederländischen EM-Hit „Links Rechts“ zu tanzen. Vor einem Millionenpublikum. Die armen Leute.
Die Experten
Wer beim Namen Lothar Matthäus immer noch müde lächelt und einen abfälligen Spruch macht, hat keine Ahnung. Im Gegensatz zum Rekordnationalspieler, der zwar in der Vergangenheit immer für private Skandale gut war und es nach der Karriere im Profigeschäft nicht weit gebracht hat – aber mittlerweile einer der profiliertesten Experten im deutschen Fernsehen ist. Was Matthäus sagt, hat Hand und Fuß. Das ist während der Bundesliga-Saison bei seinen Sky-Auftritten so, und bei der EM auch nicht anders. Er schöpft nicht nur aus einem gigantischen Erfahrungsschatz seiner aktiven Zeit, sondern hat nach wie vor Einblicke hinter die Kulissen, die sich andere wünschen. Zum Beispiel, als er durchblicken lässt, dass dem FC Bayern der georgische Torwart Giorgi Mamardaschwili – einer der Top-Keeper des Turniers – zu teuer gewesen sei. So würde man Matthäus gern auch bei EM-Spielen der deutschen Mannschaft im Free-TV hören und sehen.Schweini im TV 15.15
Ansonsten wechseln sich in der vielköpfigen Expertenriege bei RTL und Magenta Licht und Schatten ab. Tabea Kemme bringt Lockerheit in die Runde, allein schon wenn sie in Flip Flops und kurzer Hose am Moderationspult steht – eine willkommene Abwechslung zur Viererkette in weißen Sneakern beim ZDF. Michael Ballack steht nun schon seit einigen Turnieren neben Johannes B. Kerner und liefert immer noch zu viele Phrasen in leichtem sächsischem Dialekt. Besonders interessant wird es immer, wenn Bundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich Spiele und Szenen aus der Sicht von Unparteiischen analysiert. Und das um ein Hundertfaches charismatischer, als es vor allem Lutz Wagner bei der ARD tut, der bei jeder Einschätzung wörtlich aus dem Regelbuch vorzulesen scheint.
Den wohl größten Redeanteil der Experten hat aber Steffen Freund, der als Co-Kommentator mit Marco Hagemann die Spiele überträgt. Nicht immer gerechtfertigt, muss man sagen. Freund wirkt ab und an wie ein Fan am Mikrofon. Seine Emotionalität und Unbekümmertheit sind wahrscheinlich Geschmackssache. Sein Spruch „Besser als Sex“ beim späten Ausgleich Albaniens gegen Kroatien könnte allerdings noch länger in manchen Zitatesammlungen auftauchen.
Die Kommentatoren
Marco Hagemann und Wolff-Christoph Fuß melden sich live aus dem Stadion. Beide ebenfalls mit viel Erfahrung, locker, jeweils ein eingespieltes Duo mit ihren Co-Kommentatoren Steffen Freund und Lothar Matthäus. Vor allem Fuß und Matthäus verstehen sich blind (vor allem durch die langjährige Zusammenarbeit bei Sky) und lassen auch manches Augenzwinkern zu. Unterhaltsam für die Zuschauer, wie sich beide live auf Sendung entschuldigten, als sie dem deutschen Sturm Defizite unterstellten und danach eine Beschwerde-SMS aus dem DFB-Quartier bekamen. Und Fuß kann auch die großen Emotionen: Sein Torschrei beim Spiel Georgien – Portugal ging unter die Haut. Nach dem Ausgleich für Deutschland in der Nachspielzeit gegen die Schweiz ließ er schön die Atmosphäre im Stadion für sich sprechen statt sie niederzuquatschen. EM 2024 kompakt Fußball 19.00
Das Drumherum
Täglich wartet RTL mit der Live-Fußballshow „Das RTL EM-Studio – Alle Spiele, Tore, Emotionen“ um 20.15 Uhr auf. Moderatoren sind Elton und Jan Köppen, Thomas Helmer und Stefan Effenberg geben die Experten, daneben gibt es verschiedene Gäste. Die Sendung soll wohl die abholen, die auch während der Saison Fußball schauen und diejenigen, die nur zur EM einschalten. Aber irgendwie gelingt keines von beidem so wirklich. Gruppenkonstellationen liest Elton vom Moderationszettel vor, die Experten scherzen bisweilen lieber untereinander als sich mit den Spielen zu beschäftigen. Spielzusammenfassungen vom vergangenen Abend wirken verspätet. Und die humoristischen Einspieler im TV-Total-Stil treffen leider auch nur selten den richtigen Ton. Auch bei RTL gilt also: Entscheidend sind die 90 Minuten auf dem Platz.
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