100.000 Demonstranten könnten bei den großen Protesten gegen den AfD-Parteitag in Essen zusammenkommen. Doch haben wohl nicht alle friedliche Absichten.
Mit einem Großaufgebot stellt sich die Polizei in Essen auf die erwarteten Massenproteste gegen den AfD-Bundesparteitag an diesem Wochenende ein. Bis zu 100.000 Menschen könnten sich nach Einschätzung der Einsatzkräfte friedlich an den zahlreichen Aktionen beteiligen. Allein bei einer zentralen Versammlung, die am Samstagnachmittag von der Stadt Essen organisiert wird, könnten mindestens 45.000 Demonstranten zusammenkommen. Gleichzeitig bereitet sich die Polizei auch auf mögliche Ausschreitungen vor: Die Beamten fürchten, dass rund 1000 Linksextreme versuchen könnten, den Parteitag mit gewalttätigen Mitteln zu stören.
Die meisten und größten Proteste werden am Samstag stattfinden. Die Initiative Gemeinsam Laut ruft ab 10.00 Uhr zu einer Großdemonstration auf, die am Hauptbahnhof startet. Die Teilnehmer ziehen dann durch die Stadt zur Grugahalle, in der die AfD ihren Bundesparteitag abhält.
Den ersten friedlichen Protest hatte es am Freitagabend unter dem Motto „Bass gegen Hass“ gegeben. Mehrere tausend Demonstranten zogen bei einer der Rave-Demo vom Essener Hauptbahnhof in Richtung Süden zum Messegelände. Szenebekannte DJs hatten aufgelegt und fuhren auf Musiktrucks zur Grugahalle. Nach Angaben der Veranstalter hatten rund 5000 Menschen an der Auftaktkundgebung teilgenommen. Bis zum Abschluss der Veranstaltung hätten sich weitere angeschlossen.
Die zentrale Versammlung am Samstagnachmittag organisiert die Stadt Essen auf dem Messeparkplatz P2 nicht weit von der Grugahalle. Dort sind zahlreiche Initiativen mit Infoständen vertreten (ab 13.00 Uhr). Als Redner auf der Bühne stehen etwa Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), Evonik-Vorstandschef Christian Kullmann und die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich (ab 14.00 Uhr). Schließlich gibt es ein Musikprogramm (ab 17.00 Uhr).
Polizei spricht deutliche Warnung an Blockierer aus
Zu größeren Konflikten zwischen Aktivisten und Polizei könnte es bereits am Samstagmorgen kommen: Linke Gruppen haben angekündigt, schon in den Morgenstunden die Zugänge zum Parteitags-Gelände zu blockieren und den rund 600 Delegierten so den Weg zu versperren. Die Polizei hat klargemacht, dass sie eine Blockade des Parteitags nicht dulden würde und einen ungestörten Verlauf der AfD-Veranstaltung ermöglichen will. „Verhinderungsblockaden, die darauf abzielen, den AfD- Bundesparteitag zu stören oder zu verhindern, stellen eine Straftat dar“, warnten die Einsatzkräfte im Vorfeld.
Die meisten der 600 AfD-Delegierten müssen ihre Anreise in die Grugahalle individuell planen. Dazu seien ihnen Verhaltenshinweise an die Hand gegeben worden, teilte die Polizei mit. Nähere Details dazu nannte die Polizei nicht. Nur die Spitzenpolitiker werden mit Personenschutz direkt in die Halle gebracht.
Einen besonderen Fokus legt die Polizei auf rund 1000 Linksextremisten, die in Essen erwartet werden. Aus der Szene gibt es Ankündigungen, den Parteitag mit gewalttätigen Aktionen zu verhindern. „Wir wissen auch, dass es gezielt Trainings gab, um sich auf die Verhinderung des Parteitags vorzubereiten“, sagte Polizei-Einsatzleiter Detlef Köbbel im Vorfeld.
Die Polizei will gegen solche Aktionen entschieden vorgehen. „Falls es wirklich erforderlich sein sollte, werden wir diesen Schutz auch durch ein robustes Einschreiten gegen möglicherweise unfriedliche Störer gewährleisten“, betonte Essens Polizeipräsident Andreas Stüve.
Geschäfte geschlossen, Schaufenster vernagelt
Die Sicherheitsvorkehrungen haben den beliebten Einkaufs- und Ausgeh-Stadtteil Rüttenscheid schon am Freitag teilweise lahmgelegt. Bewohner kamen nur noch zu Fuß und nach einer Ausweiskontrolle in ihr Zuhause. Autofahrer mussten die Grugahalle weiträumig umfahren. Der Betrieb von Bussen und Straßenbahnen wurde auf mehreren Linien eingestellt. An einigen Ladenlokalen waren aus Angst vor Ausschreitungen Bretter vor die Schaufenster geschraubt.
Die AfD will bei dem Parteitag am Samstag und Sonntag unter anderem den Vorstand neu wählen. Die Stadt Essen hatte monatelang nach Möglichkeiten gesucht, den AfD-Parteitag noch zu verhindern – war damit aber letztlich vor Gericht gescheitert.
Stadt Essen zum Demo-Wochenende Gemeinsam Laut Widersetzen Newsticker der Polizei