Im Iran haben zwei Hardliner und ein moderater Bewerber gute Chancen auf das Präsidentenamt. Wohin führt der Dreikampf?
Im Iran werden nach der Präsidentenwahl erste Teilergebnisse am Samstagmorgen (Ortszeit) erwartet. Der Urnengang stand im Zeichen einer schweren Wirtschaftskrise, Spannungen mit dem Westen und Frust über die Regierung und Staatsmacht. Die vorgezogene Wahl war nach dem Tod von Amtsinhaber Ebrahim Raisi angesetzt worden, der im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war.
Rund 61 Millionen Wählerinnen und Wähler waren am Freitag aufgerufen, einen neuen Regierungschef zu wählen. Die Wahllokale waren nach mehrmaliger Verlängerung durch das Innenministerium noch bis in die späten Abendstunden geöffnet. Sollte keiner der Bewerber mehr als 50 Prozent der Stimmen gewinnen, geht es für die beiden stärksten Kandidaten am 5. Juli in eine Stichwahl.
Dreikampf zwischen zwei Hardlinern und einem Reformer
Von insgesamt 80 Bewerbern hatte der sogenannte Wächterrat, ein mächtiges islamisches Kontrollgremium, nur sechs als Kandidaten für die Wahl zugelassen. Zwei zugelassene Bewerber zogen sich zurück. Unter den chancenreichen systemtreuen, erzkonservativen Kräften lieferten sich Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf und der Hardliner Said Dschalili eine öffentliche Fehde. Als ihr Herausforderer galt der moderate Politiker Massud Peseschkian. Er bezeichnete sich selbst als wertekonservativen Politiker, der Reformen für nötig hält.
Beobachter gingen davon aus, dass eine hohe Wahlbeteiligung Peseschkian in die Karten spielen könnte. Zuletzt waren vor allem Anhänger des Reformlagers Wahlen ferngeblieben. Beobachter sehen auch Vorteile für Peseschkian, sollte es zu einer Stichwahl kommen und die Iranerinnen und Iraner die Wahl zwischen einem Konservativen und einem Reformer treffen müssen.
Wahlkampf von einem Thema dominiert
Den Glauben an große innenpolitische Veränderungen haben die meisten Landesbewohner, vor allem junge Menschen, verloren. Einige Aktivisten sowie die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi riefen zum Boykott der Wahl auf. Bei der jüngsten Parlamentswahl im März hatte die Wahlbeteiligung ein Rekordtief von rund 40 Prozent erreicht. Bei Präsidentenwahlen liegt die Beteiligung traditioneller höher.
Im Wahlkampf debattierten die Kandidaten vor allem über Wege, die enorme Wirtschaftskrise im Land zu bewältigen. Der Iran ist wegen seines umstrittenen Atomprogramms mit internationalen Sanktionen belegt und vom weltweiten Finanzsystem weitgehend abgeschnitten. Das Land benötigt Investitionen in Milliardenhöhe.
Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Das Kontrollgremium des Wächterrats prüft Kandidaten stets auf ihre Eignung. Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet, wie die Niederschlagung von Protesten in den vergangenen Jahren zeigte.
Der Präsident hat im Iran als Regierungsoberhaupt nur eingeschränkte Macht. Staatsoberhaupt ist der 85 Jahre alte Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat.