Vor der TV-Debatte gegen Trump war Biden abgetaucht – um gut vorbereitet bei dem Duell abzuliefern. Der Auftritt des US-Präsidenten vor einem Millionenpublikum wirft nun aber Fragen auf.
US-Präsident Joe Biden hat beim ersten TV-Duell gegen seinen Herausforderer Donald Trump einen wackligen Auftritt hingelegt und Zweifel an seiner Eignung für das Amt geweckt. Die Fernsehdebatte galt als Bewährungsprobe für den 81 Jahre alten Demokraten. Während des rund 90 Minuten langen Schlagabtauschs verhaspelte sich Biden regelmäßig, er sprach undeutlich, leise und mit rauer Stimme. Teilweise war es schwierig, dem mächtigsten Mann der Welt zu folgen. Biden ging seinen Kontrahenten Trump zwar hart an, dennoch wirkte er kraftlos und in der Defensive. Der Republikaner ging wie üblich mit aggressiver Rhetorik auf Biden los und wiederholte alte Vorwürfe und Lügen. Dies fiel jedoch wegen Bidens schwachen Auftritts weniger ins Gewicht.
Feuertaufe in Atlanta
Biden bewirbt sich bei der Präsidentenwahl Anfang November um eine zweite Amtszeit. Der 78 Jahre alte Trump will für die Republikaner noch einmal ins Weiße Haus. In Umfragen deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden an. Ein Dauerthema im Wahlkampf ist das hohe Alter der Kontrahenten. Das TV-Duell läutete die heiße Phase im US-Wahlkampf ein und wurde vom Sender CNN in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia ausgerichtet. Biden und Trump durften während des Schlagabtauschs keine Spickzettel benutzen und mussten frei sprechen. Die Debatte fand ohne Studiopublikum statt. Das Mikrofon des jeweiligen Präsidentschaftsbewerbers, der gerade nicht sprach, war stumm geschaltet.
Biden hatte sich intensiv auf die Debatte vorbereitet und in der Woche vor dem Duell keine öffentlichen Termine mehr absolviert. US-Medien zufolge hatte er eine Erkältung, ein Corona-Test soll aber negativ gewesen sein. Bei dem TV-Spektakel wurden Biden und Trump von den Moderatoren zu einer Palette von Themen befragt. Die beiden Politiker standen Rede und Antwort zu Wirtschaftspolitik, Abtreibung, Migration und mussten sich auch zu internationalen Krisen wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine oder dem Nahost-Konflikt äußern.
Biden verhaspelt sich
Biden griff Trump in dem Duell mit ungewöhnlich harschen Worten an – nannte ihn einen „Jammerlappen“ und „Verlierer“. Der 81-Jährige warf dem Republikaner vor, die „Moral eines Straßenköters“ zu haben. Doch all die Attacken verfingen kaum, weil Biden regelmäßig ins Stolpern geriet. Selbst US-Vizepräsidentin Kamala Harris sprach nach dem Duell von einem „holprigen Start“. Eine Schnell-Umfrage des US-Senders CNN sah Trump eindeutig als Gewinner des Duells. Demnach votierten 67 Prozent der Befragten für Trump, nur 33 Prozent sahen Biden als Gewinner.
US-Medien zitierten nicht namentlich genannte Funktionäre der demokratischen Partei, die sich nach Bidens Auftritt besorgt geäußert hätten. Es komme die Frage auf, ob Biden wirklich der richtige Kandidat fürs Weiße Haus sei, hieß es. Demokraten äußerten demnach Unverständnis darüber, dass der US-Präsident bei Themen wie Abtreibung, eigentlich ein Gewinnerthema der Demokraten, nicht punkten konnte.
Biden machte etwa Hoffnung auf eine Rückkehr zum landesweiten Recht auf Abtreibung – das Oberste Gericht des Landes hatte dieses Recht vor zwei Jahren gekippt. Abtreibungen seien in manchen Fällen nötig, betonte er. Dann versprach er sich aber offensichtlich und sagte: „Es gibt viele junge Frauen, die von ihren Schwiegereltern vergewaltigt werden, von ihren Ehepartnern, Brüdern und Schwestern.“ Oftmals schien er während des Schlagabtauschs ins Leere zu starren und hatte seinen Mund offen.
Trump setzt auf übliche Rhetorik
Auch Trump ging Biden hart an und sagte, dieser sei nicht für das Amt des US-Präsidenten geeignet. In einem bizarren Moment diskutierten die beiden über ihre Fähigkeiten auf dem Golfplatz und forderten sich gegenseitig zum Duell heraus. Trump verbreitete erneut diverse Unwahrheiten und machte etwa falsche Angaben zu bestimmten Wirtschaftsdaten während seiner Amtszeit im Vergleich zu der von Biden. Erneut wollte sich der Republikaner nicht darauf festlegen, ob er den Ausgang der Wahl im November akzeptieren wird.
Trump hatte bei der Präsidentenwahl 2020 gegen Biden verloren, gesteht die Niederlage aber bis heute nicht ein. Der Republikaner startete damals einen Feldzug gegen den Wahlausgang und versuchte mit allen Mitteln, das Ergebnis umzukehren. Dies gipfelte in der gewaltsamen Attacke seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Biden wirft seinem Widersacher deshalb regelmäßig vor, eine Gefahr für die Demokratie zu sein.