Kommt es nach einer freiwilligen betrieblichen Grippeimpfung zu Nebenwirkungen, kann laut Bundessozialgericht ein Arbeitsunfall vorliegen. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Ein Arbeitsunfall bei einer betrieblichen Impfung ist nicht ausgeschlossen. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am Donnerstag. Der Kläger hatte als Leiter eines Krankenhaus-Caterers im November 2009 freiwillig an einer vom Krankenhaus organisierten Impfung gegen Schweinegrippe teilgenommen. Jahre später traten Fieberschübe auf, die er auf die Impfung zurückführt. Er beantragte daraufhin Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte es ab, einen Arbeitsunfall anzuerkennen. Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit seien grundsätzlich dem unversicherten Lebensbereich zuzurechnen. Der Kläger hingegen argumentierte, mit dem Impfangebot seien wechselseitige Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis erfüllt worden. Zumindest habe ein immanenter Druck bestanden, sich als Vorbild für andere Mitarbeiter impfen zu lassen.
Das Sozialgericht Koblenz und das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz bestätigten diese Auffassung. Arbeitsrechtlich habe keine Impfpflicht bestanden, entschieden sie. Allein die subjektive Vorstellung, durch die Impfung auch betrieblichen Interessen zu dienen, reiche nicht aus, um Versicherungsschutz zu begründen.
Das BSG hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies den Fall zurück an das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz. Eine planmäßig und freiwillig durchgeführte Impfung könne ein Unfallereignis sein, wenn sie zu einem Gesundheitsschaden führe, entschieden die Kasseler Richter. Hinzukommen müsse der innere Zusammenhang der konkreten Impfung mit der versicherten Tätigkeit. Dieser sei nicht schon dann gegeben, wenn die Impfung vom Arbeitgeber empfohlen, finanziert und anschließend im Betrieb durchgeführt werde. Er könne aber angenommen werden, wenn die Teilnahme an der Impfung wesentlich betrieblichen Zwecken diene.
In einem Krankenhaus mit einem gesteigerten Interesse an einem möglichst umfassenden Gesundheitsschutz für Patienten könne dies dann der Fall sein, wenn die Impfung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich gewesen sei oder der Beschäftigte dies aufgrund besonderer Umstände berechtigterweise habe annehmen dürfen. Dabei sei die damalige besondere Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur Schweinegrippe zu berücksichtigen, die sich erster Stelle an alle Beschäftigten der unmittelbaren Gesundheitsversorgung mit Patientenkontakt gerichtet habe. Zu diesen besonderen Umständen habe das Landessozialgericht keine Feststellungen getroffen. Dies müsse nachgeholt werden.