Erst wurde die Besetzung an der Humboldt-Uni im Mai geduldet und eine Diskussion mit der Uni-Präsidentin organisiert. Dann folgte die Räumung durch die Polizei. Kritiker fordern nun Aufklärung.
Angehörige der Berliner Humboldt-Universität (HU) fordern in einem offenen Brief Aufklärung über den Polizeieinsatz bei der Räumung des Instituts für Sozialwissenschaften. „Wir sind bestürzt, dass Studierende, Wissenschaftler*innen und Mitarbeitende der HU, die der öffentlichen Ankündigung für eine Diskussionsveranstaltung gefolgt waren, von der Polizei aus dem Institutsgebäude geführt und polizeilich erfasst wurden“, heißt es in dem Brief, der bis Donnerstagvormittag 226 Unterschriften hatte, darunter Studierende und Wissenschaftler.
Propalästinensische Aktivisten hatten am 22. Mai Räume der Universität aus Protest gegen Israel besetzt. Die Universitätsleitung duldete dies zunächst und setzte auf einen Dialog mit Besetzern und Wissenschaftlern. Am 23. Mai wurde die Besetzung von der Polizei geräumt. Das Gebäude wurde während der Besetzung stark beschädigt. Auch das mit der Spitze nach unten gerichtete Dreieck, das von Sympathisanten der islamistischen Terrororganisation Hamas genutzt wird, wurde mehrfach an die Wände geschmiert.
Die Diskussionsveranstaltung habe in respektvoller und konzentrierter Atmosphäre begonnen, dann seien jedoch Ketten von Polizeibeamten zu beiden Seiten des einzigen Ausgangs aufgezogen, hieß es in dem offenen Brief. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, die sich überwiegend der HU und dem Institut für Sozialwissenschaften zuordneten, forderten Antworten vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und dem Berliner Senat. Sie wollten demnach unter anderem wissen, warum die polizeiliche Präsenz derart groß war, warum auch die Daten von Personen aufgenommen wurden, die das Gebäude freiwillig verlassen haben, von wem die Präsidentin der HU, Julia von Blumenthal, angewiesen wurde, die Räumung zu veranlassen und durch wen die Anweisung zur Räumung an die Polizei erteilt wurde.
Von 230 Personen sei bekannt, dass sie bereits Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs und schweren Hausfriedensbruchs erhalten hätten, darunter auch Mitarbeitende und Studierende, die als Teil der Delegation des Präsidiums bei der Diskussionsveranstaltung gewesen seien, heißt es in dem Brief.
Offener Brief