Unternehmen dürfen nur dann mit dem Begriff „klimaneutral“ werben, wenn sie in der Werbung selbst erklären, was dahintersteckt. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag in einem Rechtsstreit der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs mit dem Süßwarenhersteller Katjes. Katjes darf demnach eine strittige Anzeige aus dem Jahr 2021 nicht mehr verwenden. (Az. I ZR 98/23)
Die Anzeige war in einer Fachzeitschrift für die Lebensmittelbranche erschienen. Darin hieß es: „Seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral.“ Auf der abgebildeten Fruchtgummi-Packung war das Logo „klimaneutral“ zu sehen, außerdem die Adresse der Website des Partnerunternehmens ClimatePartner. Über einen QR-Code war die Seite direkt zu erreichen.
Die Produktion der Fruchtgummis selbst lief dabei nicht klimaneutral ab. Katjes kompensierte die Emissionen aber durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten. Die Wettbewerbszentrale hielt die Werbung darum für irreführend und bekam nun vor dem BGH recht.
Bei umweltbezogener Werbung sei die Gefahr der Irreführung besonders groß, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch bei der Urteilsverkündung. Würde ein mehrdeutiger Begriff wie „klimaneutral“ verwendet, müsse er darum schon in der Werbung selbst erklärt werden – Hinweise außerhalb der Werbung reichten nicht aus.
Das sei besonders wichtig, da die Kompensation von Emissionen nicht gleichwertig mit der Reduktion von Treibhausgasen sei, führte Koch aus. Für den Klimaschutz sei es wichtiger, Treibhausgase zu vermeiden.
Reiner Münker, der Hauptgeschäftsführer der Wettbewerbszentrale, zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung. Alle Hersteller müssten sich daran halten, sagte er – „das gilt branchenübergreifend“. Münker verwies auch darauf, dass bereits strengere Regeln der Europäischen Union „am Horizont“ seien.
Im Januar hatte das Europaparlament ein Gesetz zum sogenannten Greenwashing beschlossen. Demnach sollen Slogans wie „umweltfreundlich“, „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ künftig nicht mehr ohne belastbare Beweise auf Produkte gedruckt werden.
Vor kurzem einigten sich die Umweltministerinnen und -minister der EU außerdem auf einen Entwurf für strengere Regeln für Umweltkennzeichen. Sie stimmten für ein Gesetz, nach dem Nachhaltigkeitsbehauptungen zu Produkten künftig wissenschaftlich belegt sein müssen. Das Gesetz geht nun in die Verhandlungen mit dem Europaparlament, diese dürften im Herbst beginnen.
ClimatePartner teilte am Donnerstag mit, bereits neue Labels eingeführt zu haben und das Label „klimaneutral“ nicht mehr anzubieten. Unabhängig vom BGH-Urteil hätten sie so auch die anstehenden Regulierungen durch die EU im Blick. „Unser Ziel ist es, auch in Zukunft so viele Unternehmen wie möglich zum Klimaschutz zu motivieren“, erklärte ClimatePartner weiter.