Das Landgericht im hessischen Hanau hat die Eröffnung eines Prozesses gegen einen 99-jährigen mutmaßlichen ehemaligen Wachmann des NS-Konzentrationslagers Sachsenhausen aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt. Der Beschuldigte sei dauerhaft verhandlungsunfähig, erklärte das Gericht am Mittwoch. Die Eröffnung einer Verhandlung sei daher rechtlich nicht zulässig. Die Entscheidung ist demnach noch nicht rechtskräftig, kann juristisch also angefochten werden.
Die Staatsanwaltschaft in Gießen klagte den ehemaligen SS-Angehörigen im August 2023 wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 3300 Fällen an. Er soll von Juli 1943 bis Februar 1945 zur Wachmannschaft des bei Berlin gelegenen Lagers gehört haben, in dem die Nazis unter anderem politische Gegner, Juden, Sinti und Roma sowie Homosexuelle quälten. Zehntausende starben durch Hunger und Zwangsarbeit oder wurden systematisch ermordet.
Nach Gerichtsangaben kam ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger zu dem Ergebnis, dass der Mann wegen seines psychischen und körperlichen Zustands inzwischen dauerhaft nicht mehr verhandlungsfähig sei. Das Gericht folgte den Ausführungen. Die Staatsanwaltschaft war zum Zeitpunkt ihrer Anklage von einer noch eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit ausgegangen. Seither verschlechterte sich der Zustand des Manns laut Gericht weiter.