Ungelöster Streit um die Schuldenbremse und die richtigen Prioritäten: Die Bundesregierung wird den Haushaltsentwurf für 2025 voraussichtlich nicht mehr wie geplant Mitte kommender Woche verabschieden. Vertreter der Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP zeigten sich am Dienstag aber überzeugt, dass es noch im Juli eine Einigung geben werde und der Zeitplan für die Parlamentsberatung des Etats nicht in Gefahr ist.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bestätigte, dass die Gespräche noch nicht abgeschlossen seien. Er lehnte bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Industrie (BDI) eine Aussetzung der Schuldenbremse und weitere Sondervermögen wie das für die Bundeswehr nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs ab. „Strukturelle Aufgaben, die kann man nicht mit Sonderprogrammen lösen“, sagte er. Deutschland habe mit einer Billion Euro an Staatseinnahmen „enorme Mittel“ zur Verfügung, es fehle aber an „Mut, klare Prioritäten zu setzen“.
Ursprünglich hatte die Ampel-Regierung angestrebt, den Haushaltsentwurf für 2025 am 3. Juli im Kabinett zu beschließen. Nun hieß es in Regierungskreisen, der Termin sei inzwischen unwahrscheinlich. Als neues mögliches Datum wurde nun teilweise der 17. Juli genannt.
„Es kommt jetzt nicht konkret auf eine Woche an“, sagte die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge. Wichtig sei, dass das Bundeskabinett den Budgetentwurf im Juli beschließen werde.
„Es geht ja nicht prinzipiell um den 3. Juli, sondern darum, dass im Juli ein Haushalt vom Kabinett aufgestellt wird“, sagte auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr im ZDF. Der Bundestag befasse sich mit der Vorlage dann nach der Sommerpause ab September. Ziel sei es weiter, den Haushalt Ende November oder Anfang Dezember zu verabschieden. „Da sind wir im Fahrplan.“
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte, er hätte sich schon die kommende Woche als Termin für die Verabschiedung des Haushaltsentwurfs gewünscht. „Aber gut, wenn die Bundesregierung noch ein bisschen braucht, um sich zusammenzufinden, sollen sie es von mir aus tun.“
Doch die grundsätzlichen Probleme sind weiter nicht gelöst. Auch FDP-Fraktionschef Dürr pochte weiter auf die Einhaltung der Schuldenbremse. Der Staat müsse mit dem Geld auskommen, das die Menschen in Deutschland erarbeiteten, sagte er. „Jeden Euro, den wir heute an Schulden aufnehmen, das müssen zukünftige Generationen bezahlen.“
Die Ampel-Parteien suchen seit Wochen Lösungen, um eine Finanzierungslücke im Etat 2025 in zweistelliger Milliardenhöhe zu schließen. Lindner fordert deshalb deutliche Kürzungen in den Budgets mehrerer Ministerien, vor allem im Sozialbereich.
Dröge begrüßte die Äußerungen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) vom Wochenende zum Schutz des Sozialstaates. Er sei nun in der Verantwortung, einen Haushaltsentwurf vorzulegen, „der dazu führt, dass wir mit Blick auf den Sozialstaat keine Kürzungen vornehmen“. Mit Blick auf den Klimaschutz müsse zudem in den Haushaltsverhandlungen der Bahn und dem Ausbau des Schienennetzes Priorität gegeben werden.
Kritik an der Verschiebung des Haushaltsbeschlusses kam aus der Union. Scholz werde nun „voraussichtlich ohne beschlossenen Haushalt“ zum Nato-Gipfel vom 9. bis zum 11. Juli in die USA reisen, sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU). Dies sei „eine schwere Hypothek für den Besuch des Bundeskanzlers in Washington“.
Jede Verzögerung beim Haushalt sei „Gift für die ohnehin fragile wirtschaftliche Lage im Land“, sagte der CDU-Haushaltsexperte Yannick Bury der Nachrichtenagentur AFP. „Solange Unternehmen und Verbraucher nicht wissen, wie es mit Steuern oder Förderprogrammen weitergeht, investiert niemand im Land.“ Es zeige sich immer mehr, „dass die Ampel und ihr Regierungschaos selbst das wirtschaftspolitische Problem des Landes ist“.
Linken-Parlamentsgeschäftsführer Christian Görke sprach von einem „Scheitern mit Ansage“. Die Verschiebung des Haushaltsbeschlusses zeige „einmal mehr die Handlungsunfähigkeit der ‚Ampel'“.