Verabschiedung bei SAP: Anastacia, Jauch und Scholz: Das war die Show für Hasso Plattner

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Gründung verlässt Hasso Plattner SAP. Zu seinen Ehren hat der Softwarekonzern eine große Show veranstaltet.

Um kurz nach 15 Uhr wird die SAP-Arena in Mannheim dunkel. Einen Tag nach der Hauptversammlung, auf der Mitgründer Hasso Plattner erstmals nicht mehr für den Aufsichtsrat angetreten ist, ist der Countdown abgelaufen für seine große Abschiedsshow. 

Auf der 30 Meter breiten LED-Wand startet eine Lichtershow, dann fährt sie langsam nach oben. Dahinter beginnt das SAP-Sinfonieorchester zu spielen, vorne wird die US-Sängerin Anastacia in helles Scheinwerferlicht getaucht. Sie singt ihren Song „You’ll never be alone“ („Du wirst nie alleine sein“). 

Ob das die Botschaft ist, die der 80-jährige Plattner hören will? Oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Saal, die nun Abschied nehmen vom bislang omnipräsenten Firmengründer? Jedenfalls ist es ein stimmungsvoller Auftakt für die Verabschiedung einer der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft.

STERN C SAP 80. Geburtstag Hasso Plattner FS 18:50

Abschied von Hasso Plattner: Potsdamer unter sich

Auf den Rängen der Arena sitzen rund 3400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von SAP, die in einer Art interner Ticket-Lotterie ausgelost wurden. Außerdem sind bereits vor Beginn der Veranstaltung rund 600 Ehrengäste aus der SAP-Familie über den SAP-blauen Teppich spaziert, darunter Plattners Co-Gründer und Vertrauter Dietmar Hopp und Bundeskanzler Olaf Scholz.

Wie Scholz wohnt auch Plattner zeitweise in Potsdam und ist unter anderem als Stifter des Museums Barberini und Gründer des Hasso-Plattner-Instituts an der Uni Potsdam sehr präsent in der Stadt. Und noch ein dritter Potsdamer betritt an diesem Nachmittag die Bühne: TV-Moderator Günther Jauch leitet durch den Nachmittag.

Als er Plattner begrüßt, brandet Applaus im Publikum auf. Plattner, in dunklem Anzug, hellblauem Hemd und mit breiter Krawatte, sieht sich auf der großen Leinwand, winkt kurz und erhebt sich schließlich. Sein Platz ist in der ersten Reihe zwischen Scholz und Louise de Putron, der Gründerin des ersten US-Partnerunternehmens von SAP. Daneben Plattners Familie inklusive Enkelkinder und SAP-Chef Christian Klein. 

STERN PAID 06_24 Wirtschaftler gegen rechts

Die „Eine-Million-Euro-Frage“ für CEO Klein

Klein ist auch der erste Redner. In olivfarbenem T-Shirt und Anzug spricht er frei auf der großen Bühne, wie man es sonst von Chefs großer Softwarekonzerne  kennt. „Jetzt stehe ich hier mit der Eine-Million-Euro-Frage“, greift Klein die Moderation von Günther Jauch auf. „Wie kann man die Lebensleistung von Hasso Plattner in zehn Minuten würdigen?“ 

Er erzählt dann von jemandem, „der Wirtschaftsgeschichte geschrieben hat“, von einem „Visionär“ und „Pionier“, von jemandem, der den Wettbewerb liebt, global denkt und den „festen Willen“ hat, jeden Tag dazu zu lernen. Im Hintergrund werden dazu alte Fotos eingeblendet von Plattner, von seinen Co-Gründern und von SAP. 

Hasso Plattner, Mitgründer des größten europäischen Softwarekonzerns SAP, zieht sich aus dem Aufsichtsrat zurück. Seit 1972 hat der 80-Jährige das Unternehmen durch Höhen und Tiefen gesteuert

Dann hält Klein eine leicht zerknickte, gelochte Pappkarte hoch, eine sogenannte Lochkarte, wie sie Computerkonzerne vor Jahrzehnten verwendet haben. Plattner hat sie früher selbst gelocht und „die SAP so zu dem gemacht, was sie heute ist“, sagt Klein.

Am Ende gibt er dann noch die Antwort auf die Million-Frage: „Es ist nicht möglich. Lieber Hasso, ihr Lebenswerk ist zu groß, um es in Worte zu fassen. Mir und uns allen bleibt eigentlich nur ein bescheidenes Danke.“ Als Plattner danach auf der großen Leinwand eingeblendet wird, versucht er seinen behrrschten, oft leicht grimmigen Gesichtsausdruck zu wahren, scheint aber fast beeindruckt und angefasst von den Worten des Mannes, der SAP nun ohne ihn weiter in die Zukunft führen wird.

Scholz zu Plattner: „Bitte mischen Sie sich auch weiterhin ein“

Plattner war nun 52 Jahre bei SAP. Mit ihm zieht sich der letzte von insgesamt fünf SAP-Gründern aus dem mit Abstand wertvollsten Unternehmen in Deutschland zurück und aus einem der wichtigsten Softwarekonzerne der Welt. Schon zum 50. Geburtstag des Unternehmens hielt Kanzler Scholz eine Rede und auch an diesem besonderen Tag hielt er mit Lob nicht zurück.

Für ihn wurde ein Redepult in die Mitte der Bühne gestellt. Er trägt einen dunkelblauen Anzug, der oberste Knopf seines weißen Hemds ist geöffnet. „Hallo Mannheim, hallo SAP“, eröffnet Scholz seine Rede, fast wie bei einem Konzert, nur viel nüchterner. „Heute läuft die gesamte Weltwirtschaft auf der Softwaremarke SAP“, sagt Scholz. „Was für eine unfassbare globale Erfolgsgeschichte aus Deutschland. Und Sie, lieber Hasso Plattner, haben diese Geschichte geschrieben.“ 

Immer wieder sorgt Scholz für Lacher im Publikum, als er anspricht, wie gerne Plattner über seine Person „tiefstapelt“ und seinen Einfluss im Unternehmen gerade in den vergangenen Jahren herunterspielte. „Womöglich wurzelt ihr Einfluss ja vor allem darin, dass Sie immer wieder neue Ideen ausbrüten, kühne Pläne schmieden, ehrgeizige Vorhaben vorantreiben“, sagt Scholz darüber. „Ich glaube, Sie können auch gar nicht anders. Dafür brauchen Sie gar kein Amt.“

Schließlich bitte der Kanzler Plattner, sich auch weiterhin einzumischen und erntet dafür viel Applaus. Plattner lächelt. „Wir in Deutschland haben ja auch in den letzten Jahrzehnten manche nötige Erneuerung zu sehr auf die lange Bank geschoben“, sagt Scholz, etwa die Digitalisierung und industrielle Transformation, wo man nun den Hebel umgelegt habe. „Genau deshalb bin ich Ihnen ausdrücklich dankbar für diese Mahnung und Intervention“, so Scholz. Plattner wüßte schließlich, dass Innovationen keine Bedrohung seien, „sondern eine Chance, gerade für unser Land der Ingenieure, Tüftlerinnen und Erfinder.“ Nach der Rede schütteln Scholz und Plattner sich lange die Hände.

Plattner und Gates unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Danach gibt es noch eine Videobotschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der nicht persönlich teilnehmen konnte. Der Rest des Nachmittags findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Mit Hasso Plattner zieht sich der letzte von fünf Gründern aus dem Softwarekonzern zurück. Auch wenn es bei der heutigen Hauptversammlung wehmütig zugehen könnte, SAP ist gut für die Zukunft gerüstet

Geplant war unter anderem noch eine Rede von Plattner an die Mitarbeiter, Bill Gates soll eine Videobotschaft geschickt und Anastacia zum Abschluss noch ein paar Songs gespielt haben.

Als nach zwei Stunden alles vorbei ist, wehen draußen vor der Arena immer noch die knallblauen Flaggen mit dem Konterfei von Hasso Plattner und dem Slogan seiner Verabschiedung: „Fare-well done“.

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei Capital.de.