Eine Woche vor der Parlamentswahl in Frankreich liegt die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen laut einer Umfrage deutlich in Führung. Der Umfrage für die Zeitung „Le Parisien“ und den Sender Radio France zufolge kommt der RN auf 35,5 Prozent der Stimmen, gefolgt von dem links-grünen Wahlbündnis Neue Volksfront (NFP) mit 29,5 Prozent. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich am Sonntag in einem ARD-Interview mit Blick auf einen möglichen Wahlsieg der Rechtspopulisten in Frankreich besorgt.
Das liberale Lager um Präsident Emmanuel Macron landet in der am Samstag veröffentlichten Umfrage mit 19,5 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz. An vierter Stelle liegen die konservativen Republikaner mit sieben Prozent. Laut der Umfrage sind sich die RN-Wähler in ihrer Entscheidung am sichersten – nur 13 Prozent unter ihnen gaben an, dass sie sich möglicherweise noch umentscheiden könnten. Beim linken Wahlbündnis lag dieser Anteil bei 19 Prozent.
Der RN wurde bei der Europawahl am 9. Juni mit 31,4 Prozent stärkste Kraft, die Liste von Macron erlitt mit 14,6 Prozent der Stimmen eine schwere Schlappe. Nach dem Wahltriumph des RN hatte Macron überraschend Neuwahlen zur Nationalversammlung ausgerufen. Die Wahl findet in zwei Runden am 30. Juni und 7. Juli statt. Die Umfrage sagt eine Wahlbeteiligung zwischen 60 und 64 Prozent voraus – das ist deutlich höher als bei der Wahl 2022, als sie bei 47,5 Prozent lag.
Macron ist theoretisch frei darin, einen Premierminister zu ernennen. Er ist aber darauf angewiesen, dass dieser in der Nationalversammlung eine Mehrheit bekommt. Das könnte zu einer Kohabitation führen, in der Präsident und Regierungschef unterschiedlichen Lagern angehören. Derzeit gibt es Befürchtungen, dass sich die drei Blöcke – die Rechtspopulisten, das links-grüne Wahlbündnis und das Regierungslager – dauerhaft gegenseitig blockieren könnten.
Scholz äußerte sich im ARD-Sommerinterview besorgt angesichts der Wahl im Nachbarland. „Ich mache mir Sorgen wegen der Wahlen in Frankreich„, sagte der Kanzler. „Und ich hoffe, dass Parteien, die nicht Le Pen sind, um es so zu sagen, erfolgreich sind bei der Wahl.“ Zwar werde er den französischen Präsidenten Macron weiterhin in den Gremien sehen, sagte Scholz. „Trotzdem wäre das eine Veränderung.“
Dass es „noch viel dramatischere Ergebnisse“ bei den Europawahlen in anderen Ländern gegeben habe, bedrücke ihn „mindestens so viel wie das Ergebnis, was wir hier in Deutschland verzeichnet haben“, führte Scholz weiter aus. In Deutschland wurde die AfD zweitstärkste Kraft mit 15,9 Prozent hinter der Union, die 30 Prozent verzeichnete. Neben Frankreich errangen die Rechtsaußenparteien auch in Österreich und Italien deutliche Wahlsiege.